Stromausfall: Was macht man, wenn es plötzlich dunkel ist?

2022 nahm die Angst vor Stromausfällen in Deutschland deutlich zu. Grund dafür war vor allem der russische Angriffskrieg. Die plötzliche Dunkelheit blieb aus. In anderen Ländern ist es jedoch lästiger Alltag und beeinflusst nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen und Arbeit.

Das Panik-Wort: Blackout

Das Jahr 2022: In der Bevölkerung geht die Angst um. Nach der Gasknappheit könnte als Nächstes der Strom betroffen sein. In den Schlagzeilen taucht das Wort Blackout auf. Es werden Notfallpläne für Stromausfälle erstellt. Von einem Notvorrat an Lebensmitteln bis zu Taschenlampen, Kerzen und Campingkochern sollte alles für diesen Notfall vorbereitet sein. Und nicht zu vergessen: Bei aller Panikmache ist Ruhe bewahren weiterhin oberstes Gebot.
 
Genau das kritisierte der Energieexperte Christoph Maurer in einem Interview mit ntv. Vor allem das Wort Blackout sei mit Vorsicht zu genießen. Mit Blick auf den letzten Winter wären rotierende Stromausfälle weitaus wahrscheinlicher gewesen. “Dabei werden geplant für bestimmte Zeiträume bestimmte Teile der Last vom System getrennt. Das ist für die Verbraucher unschön – aber es ist eben etwas ganz anderes als ein Blackout”, erklärte er. Letztlich blieb man verschont. Andere Länder haben nicht so viel Glück.

Betreiber, die gerne abkassieren

Rotierende Stromausfälle sind mir nicht fremd. Durch regelmäßige Aufenthalte im Libanon habe ich sehr früh gelernt, dass die Stromversorgung für eine gewisse Zeit unterbrochen werden kann. Zur Überbrückung dieser Ausfälle wurden meist Dieselgeneratoren eingesetzt. Ich dachte, das sei normal. Über die Ursachen und Auswirkungen war ich mir nicht im Klaren.
 
Es war nach dem Bürgerkrieg zwischen 1975 und 1990 in der Zedernrepublik, wie Libanon genannt wird. Eine Zeit, die die meisten Menschen im Westen als “Krisensituation” bezeichnet hätten. Die Zerstörung betraf nicht nur die Infrastruktur, sondern auch den Energiesektor in hohem Maße. Im Laufe der Jahre entwickelten die Bürger schließlich verschiedene Strategien, um die Stromversorgung in ihren Häusern aufrechtzuerhalten. Unter anderem durch genau diese Generatoren. Das Problem ist, dass deren Betreiber gerne abkassieren. Sie profitieren von der Not der Menschen.

Von Revolution zu Leid

Die Lage im Land hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Am 17. Oktober 2019 begann eine Reihe landesweiter Proteste unter dem Namen “Thawra”. Übersetzt bedeutet es “Revolution. Aufgeregte Bürger gingen auf die Straße, um gegen die Korruption der Regierung und die schwere Wirtschaftskrise zu protestieren. Das Land wurde lahmgelegt, Straßen wurden gesperrt. Die Banken machten dicht. Es herrschte Dollarknappheit – und da das libanesische Pfund seit 1997 an den US-Dollar gebunden ist, verlor es an Wert.
 
Die Corona-Pandemie, ein politischer Stillstand und die Explosion im Hafen von Beirut beschleunigten den wirtschaftlichen Abstieg. Der Libanon steht nun an dritter Stelle der weltweit höchsten Inflationsraten. Die Auswirkungen auf die Bevölkerung waren drastisch. Die extremen Preissteigerungen betrafen alle Bereiche des Lebens. Und alle Schichten zugleich. Für die Mittelschicht und Einkommensschwachen waren die Einschnitte besonders gravierend.
 
Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Medikamente hatten unvorstellbare Preise. Elektrizität wurde zur Seltenheit. Importierte Güter wie Benzin oder Diesel waren für viele unerschwinglich. Die Korruption nahm zu. Es entstand ein Teufelskreis: Die Regierung gewährleistet keine Elektrizität, es wird mehr Diesel für Generatoren benötigt, die Dieselpreise steigen. Es entstand ein Schwarzmarkt und korrupte Leute versuchten von der dringenden Notlage zu profitieren – mit Erfolg.

Nicht die Hoffnung verlieren

Im Jahr 2021 war ich dann hautnah dabei – habe mit eigenen Augen gesehen, dass Bedürftige nicht an ihre Medikamente kamen; Menschen über Nacht Schlange standen, um Treibstoff zu bekommen. Obwohl man schon so viel gehört hatte, wurde mir der Ausnahmezustand des Landes erst bei meiner Ankunft vor Ort bewusst. Ich wurde mit einem Stromausfall begrüßt und musste neun Stockwerke hinaufsteigen. Wir saßen bei Kerzenlicht. Man lachte über die Situation, was blieb einem anderes übrig?
 
Es gab schon genug Leid im Land. Die Menschen versuchen, Widerstand zu leisten. Durch zahlreiche vorangegangene Krisen waren sie gerüstet, in allem das Gute zu sehen und die Hoffnung nicht zu verlieren. Ich hatte mir das gleiche Ziel gesetzt.
 
Es war meine Absicht, eine Seminararbeit über den Libanon zu schreiben. Wie könnte man das besser umsetzen als vor Ort? Ich brauchte also nur noch meinen Laptop und Internetanschluss. Es gab nur ein Problem: Während in der Vergangenheit der Strom für ein paar Stunden ausfiel, konnte ich diesmal froh sein, wenn die Stromversorgung für ein paar Stunden am Tag gewährleistet war. Richtiges Planen war also das Gebot der Stunde! Man musste die Zeit ausnutzen. Wenn es Strom gab, habe ich meinen Laptop vollständig aufgeladen, am besten auch eine Powerbank. Ich kannte Leute, die spezielle Powerstationen hatten, die zumindest den WLAN-Router mit Strom versorgen konnten. Cafés wurden zur sicheren Oase, da sie, anders als Privatpersonen, längerfristig Strom und Internet garantieren konnten.
 
Eines muss man sagen: leicht war es nicht. Ich habe mich immer wieder gefragt, wie stark die Unternehmen wohl davon beeinträchtigt werden…

Humanitäre Krise

Zwei Jahre sind vergangen, bis ich ein Interview mit Naif Al Najm, einem jemenitischen CEO und Berater für Unternehmensentwicklung, geführt habe. Sein Heimatland ist von Problemen nicht verschont geblieben. Der seit 2015 andauernde Bürgerkrieg hat zu einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt geführt und den Fortschritt des Landes gebremst. Mit enormen Folgen für die Unternehmen, erklärte er. Kein Strom bedeutete keine Internetverbindung. Das wiederum erschwerte die Digitalisierung. Und ohne Technologie stößt ein Unternehmen schnell an seine Grenzen, besonders in der heutigen Zeit.
 
Die Produktivität der Mitarbeiter wird eingeschränkt. Fernarbeit wird zu einer echten Bewährungsprobe: Die Kommunikation ist erschwert und es fehlt an Ressourcen, um das Arbeitspensum zu bewältigen. Aber auch Unternehmer:innen leiden, wenn Online-Transaktionen nicht durchgeführt werden können. Dieser Umstand stellt nicht nur dann ein Problem dar, wenn man auf die Unterstützung von Kund:innen angewiesen ist. Es wird auch zu einem Stolperstein bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen im Ausland.

Stromknappheit um die Welt

Die Liste der Probleme, die durch Stromausfälle ausgelöst werden, ist lang. Sie betrifft immer mehr Länder. Im Jahr 2021 wurde auch China plötzlich von Stromausfällen heimgesucht, überwiegend bedingt durch die Klimaziele des Landes. Die Süddeutsche Zeitung berichtet: “Peking will den Stromverbrauch in diesem Jahr um drei Prozent reduzieren. Die Provinzregierungen haben deshalb die Vorgaben für den Stromverbrauch zuletzt nochmals verschärft.” Für die Wirtschaft ist das nicht förderlich. Es kam zu Verzögerungen in den Fertigungsbetrieben. “Bei Tesla standen zeitweilig die Bänder still, und auch bei Apple konnte nicht wie gewohnt gefertigt werden.” Im Jahr 2022 verursachten dann die Hitze und Dürre, die Wasserkraftwerke zum Erliegen brachten, die Stromengpässe.
 
2022, so scheint es, war das Jahr der Stromversorgungsprobleme. Denn auch Südafrika musste die Stromzufuhr zurückdrehen, die ohnehin schon oft stillgelegt worden war. “Der staatliche Stromkonzern Eskom, der nach wie vor fast die komplette Energieversorgung in Südafrika sicherstellt, will damit den kompletten Blackout vermeiden”, schreibt die Tagesschau dazu. “Das Verhältnis von Schulden und Bruttoinlandsprodukt ändert sich dann, und das ist aus Sicht von Rating-Agenturen nicht gut. Wir sind bis jetzt nicht an dem Punkt, aber wenn das so weitergeht, müssen wir damit rechnen, in der Kreditwürdigkeit herabgestuft zu werden”, ergänzte Wirtschaftswissenschaftler Dawie Roodt.

Was also, wenn es plötzlich dunkel wird…

Was genau macht man also, wenn es plötzlich um einen herum dunkel wird? Man greift auf das erste Gebot zurück: Ruhe bewahren. Die Lage kann man ohnehin nicht beeinflussen. Man muss lernen, sie zu meistern. Wir Menschen sind darauf programmiert, uns an neue Bedingungen anzupassen. Man kommt nicht umhin, auf diese Grundinstinkte zurückzugreifen. Krisengebiete führen das am besten vor. Man muss nur die Fassung bewahren und auch mal lachen, obwohl einem zum Weinen zumute ist.
 
Im Berufsleben kommt es in erster Linie auf eine gute Kommunikation an: Regelmäßig Rücksprache halten, tolerant mit den Umständen des anderen umgehen, und vor allem transparent sein. Am besten sucht man sich noch einen  Rückzugsort, an dem man seine Aufgaben erledigen kann. Dabei entdeckt man oft hervorragende Cafés… Und im Privatleben – das Beste daraus machen. Kerzen anzünden, sich entspannen und die Zeit ohne Storm und Internet nutzen, um den Aktivitäten nachzugehen, die man sonst im Alltagsstress vernachlässigt: gepflegte Gespräche führen, Quality Time schaffen. (inss/politicalstudiesassociation/HNA/ntv/constellation./sueddeutschezeitung/tagesschau/futureorg/signals)
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