Spiegel unserer Gesellschaft: Fachkräfte sind hier unglücklich

Der Bedarf an Fachkräften bleibt ungedeckt. Maßnahmen wie Fachkräftezuwanderung scheinen zu versagen. Denn sie sind unzufrieden in Deutschland. Dies, trotz der Bemühungen der Regierung, das Land attraktiv zu machen – oder attraktiver aussehen zu lassen? Diese Frage stellt sich unsere Chefredakteurin in ihrem Meinungsartikel.

Unternehmen sind auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern. Dieses Problem ist inzwischen allzu bekannt. Wem es entgangen ist, der muss jahrelang im Winterschlaf gelegen haben. Denn die Schlagzeilen überschlagen sich, die Regierung ist verzweifelt: “Wie lösen wir den Fachkräftemangel?” Von älteren Arbeitnehmer:innen, über die Einbeziehung von Frauen mit Familien, bis hin zur Migration. Die Politik greift zu allen möglichen Mitteln und wirbt nun für Deutschland “als modernes Einwanderungsland“, um die Fachkräftezuwanderung anzukurbeln.
 
“Das neue Gesetz zeige, dass Deutschland ‘qualifizierte Zuwanderung nicht nur hinnimmt, sondern auch will”, betont Bundesarbeitsminister Heil”, so die Bundesregierung auf ihrer Homepage. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Zuwanderung geeigneter Arbeitskräfte aus dem Ausland erleichtert werden.

"Fachkräfte sollen schneller und unbürokratischer in Deutschland arbeiten können. Mit einem Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung sollen bestehende Hürden abgebaut und die Verdienstgrenze für die Blaue Karte abgesenkt werden. Wer zwei Jahre Berufserfahrung und einen Abschluss im Heimatland hat, kann als Fachkraft nach Deutschland kommen. Neu eingeführt wird eine Chancenkarte mit einem Punktesystem."

Deutschland schneidet am schlechtesten ab

Doch ihre Bemühungen scheitern. Es scheint, dass Deutschland vorerst unattraktiv ist und auch bleiben wird. Zumal eine Umfrage, deren Ergebnisse dem SPIEGEL vorab zur Verfügung gestellt wurden, dies bestätigt. 12.065 Menschen aus 172 Ländern erzählten, wie sie ihr Leben und die Einwanderung ins Gastland empfinden. Und Deutschland schaffte es, unter 52 Ländern in den Kategorien Wohnen, digitale Infrastruktur, Sprache und Verwaltung am schlechtesten abzuschneiden.
 
Das mag vieles beweisen, aber vor allem eines: Es reicht nicht aus, Fachkräfte anzuziehen. Man muss ihnen auch das Leben nach der Zuwanderung schmackhaft machen. Leuchtet ein, oder? Doch ganz so einfach ist es nicht. Dem pflichtet Florian Diekmann in seinem SPIEGEL-Leitartikel bei: “Die Menschen, die zu uns kommen, um zu arbeiten, müssen sich willkommen und erwünscht fühlen. Nicht nur auf dem Amt und am Arbeitsplatz, sondern im Alltag, auf der Straße, im Verein, im Wohnviertel. Daran mangelt es mancherorts noch stark.”

Deutschland weiß um sein Rassismus-Problem

Die Beschwerden beziehen sich auf Aspekte, die den Deutschen schon seit Langem angelastet werden. Steckt doch mehr als nur ein Vorurteil dahinter? Der SPIEGEL gibt ihre Aussagen wieder: Deutsche seien kühl, direkt, unfreundlich, verschlossen. Andere Kulturen werden wenig respektiert. Unzureichende Sprachkenntnisse werden beklagt. Spiegeln sich darin die Probleme unserer Gesellschaft? Rassismus, ein auch von der Regierung anerkanntes Problem, scheint bei den Befragten Ausgangspunkt für viele ihrer Leiden zu sein.
 
Nur keine Bange, es scheint einen Hoffnungsschimmer zu geben. Denn Deutschland weiß wohl um sein Rassismus-Problem. Das behauptet zumindest eine Presseerklärung der Bundesregierung. Darin stellt die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan, fest: “90 Prozent der Befragten sagen klar und deutlich: Es gibt Rassismus in Deutschland. Die breite Erkenntnis ist eine gute Nachricht, denn sie ist ein wichtiger Schritt für Veränderung. Wir bleiben nicht stehen bei der Erkenntnis; jetzt ist Zeit zu handeln! Jahrzehntelang wurde Rassismus in Deutschland verschwiegen oder gar bestritten, das wirkt bis heute nach.”

Diversität ist unumgehbar

Die junge Generation Z, die sich so grundlegend von allen vorherigen Generationen abhebt, ist umso mehr darauf bedacht, diese Problembereiche anzugehen. Denn sie sind sensibilisiert und verschweigen nicht, was falsch ist. Noch leugnen sie es. Ganz im Gegenteil. Sie konfrontieren. Laut einer Studie des rheingold Instituts gehören daher soziale Gerechtigkeit und Rassismus zu den für sie wichtigsten Belangen. Nicht umsonst wird diese Generation als “aufgeschlossen, integrativ und vielfältig” bezeichnet.
 
Vielleicht sollte man von ihnen lernen? Vielleicht sollte man offensiver mit diesen Themen umgehen? Zumal die in Deutschland bestehende Gen-Z bereits wesentlich vielfältiger ist als frühere Gruppen. Und zumal wir mehr Fachkräfte aus dem Ausland anziehen und hier halten wollen. Es ist also angesichts der Rassismus- und Diskriminierungsvorwürfe zweifellos an der Zeit, Vielfalt und vor allem Akzeptanz zu üben. Für Unternehmen bedeutet das vor allem ein gutes Diversity Management zu etablieren. Denn es macht nicht nur die Mitarbeiter glücklicher. Sondern führt auch zu einem Wettbewerbsvorteil. Der Arbeitsplatz wird attraktiver und damit die deutsche Wirtschaft gefördert. (bundesregierung/SPIEGEL/futureorg/signals)
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