Placebo-Effekt: Auswirkungen kommunikativer Kompetenzen

Über eins sind sich Experten einig: Kommunikative Kompetenzen sind wichtige Bestandteile einer Pflegekraft. Eine berufliche Auseinandersetzung damit verbessert nicht nur pflegerisch-kommunikative Fähigkeiten, sondern auch menschenwürdiges Handeln.

Pflegerisch-kommunikative Fähigkeiten

Genau diese Komponente wird in der Ausbildung von Pflegekräften oft vernachlässigt. Denn kommunikative Fähigkeiten werden oft noch als Einzelbegabung angesehen. Dies beschreibt Gabriele Herzig-Walch in ihrer Dissertation “Kommunikation in der Pflege“.

Das beobachtet aber auch Beate Oehlmann, die Menschen für erfolgreiche Interaktionen und emotionale Intelligenz coacht. Sie beschreibt, dass selbst in freiwilligen Fortbildungen zum Thema Kommunikation für medizinische Fachkräfte viele Plätze unbesetzt bleiben. Oehlmann: “Die Meinung das kann ich ja schon ist weitverbreitet. Dabei ist ein gutes, regelmäßiges Feedback eine Grundvoraussetzung, um die Kommunikation tatsächlich zu verändern und zu verbessern.”

“Angemessen und einfühlsam kommunizieren”

Im Kontakt mit Patienten ist eine schlechte Kommunikation nicht zuletzt auf Vorurteile zurückzuführen. “Wenn eine Krankenschwester zu einem ‘schwierigen’ Patienten geht, hat sie bereits ein vorgefertigtes Bild von diesem Patienten. Alles, was der Patient tut oder sagt, dient nun dazu, dieses Vorurteil zu bestätigen. Das ist der Confirmation Bias”, erklärt Oehlmann. “Aber im Beruf geht es nicht darum, recht zu haben. Es geht darum, eine funktionierende Kommunikation und damit eine Beziehung aufzubauen.”
 
Doch auch belastende Arbeitsbedingungen können zu Kommunikationsdefiziten führen. Dazu gehört unter anderem der Zeitmangel. “Zeitmangel führt zu Druck und einer konfrontativen und verletzenden Kommunikation mit Patienten. Jeder kennt das aus seinem Alltag. Wenn man zum Beispiel zu spät kommt, ist man gereizt und kann nicht mehr ruhig, angemessen und einfühlsam kommunizieren”, führt Oehlmann aus. Allerdings seien gute kommunikative Fähigkeiten von entscheidender Bedeutung, da sie einen beträchtlichen Placebo-Effekt hätten.

Qualitätspflege und Wohlbefinden

In ihrer Dissertation beschreibt Herzig-Walch den personenzentrierten Ansatz von Tom Kitwood und den Zusammenhang zwischen der Qualität der Pflege und dem Wohlbefinden von Demenzkranken. Dabei zeigte sich, dass alle Patienten, auch solche mit sehr ungünstigen medizinischen Prognosen, durch eine qualitativ hochwertige Pflege an Lebensqualität gewinnen. Dies wiederum wirkte sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit des Pflegepersonals aus.
 
Entsprechend betont Oehlmann die Notwendigkeit, sich für die Bedürfnisse des Kommunikationspartners zu interessieren. “Und auch zu überlegen: ‘Wie würde ich selbst in einer solchen Situation angesprochen werden wollen?’” Eine solche Denkweise reguliere nicht nur die Emotionen, sondern sei damit auch der Erfolgsfaktor für eine gelungene Kommunikation.

Ärzte und Pflegende – eine Hierarchie

Die Aufgaben des Pflegepersonals begrenzen sich jedoch nicht auf den Umgang mit Patient:innen. Eine Pflegekraft ist Mitglied eines Teams. Im Artikel „Im Gespräch bleiben: Pflegende und Ärzte in einem Team“ von Marlene Kraske, wird etwa erklärt, dass eine unzureichende Kommunikation zwischen Ärzten und Pflegenden eine stressige und unzufriedene Arbeitsatmosphäre verursachen kann. Dies wiederum wirke sich negativ auf die Patientenversorgung aus.
 
Abgesehen von einer verbesserten kommunikativen Ausbildung empfiehlt sie daher, dass flache Hierarchien hergestellt werden sollten. Denn Ärzte seien oft nicht bereit, auf die Angaben der Pflegekräfte zu hören. „Unabdingbar ist daher die Arbeit an der eigenen inneren Haltung. Nur wenn man bereit ist sich zu reflektieren und reflektieren zu lassen, lernt man kommunikativ dazu. Es ist notwendig, sich möglichst vorurteilsfrei zu halten“, ergänzt Oehlmann.

Erkenntnisse für mittelständische Unternehmen

Beate Oehlmann bejaht diese Frage. „Auch in mittelständischen Unternehmen wollen Menschen wertschätzend und angemessen angesprochen werden. Bedürfnisorientierte Kommunikation ist auch im Wirtschaftskontext Erfolgsgarant.“ Dabei erinnert sie jedoch, dass aktuell immer mehr Kommunikationswege gestrichen werden. Und die Arbeit des Unternehmens würde an Kunden delegiert werden: „‘Drücken Sie die eins, wenn sie …‘ usw. Da gibt es vielfältige Beispiele, in denen die Chance, mit Kunden, Interessenten oder Mitarbeitenden zu joinen und eine gute Beziehung aufzubauen, schlicht vergeben wird. Der überzeugende Placebo-Effekt bleibt ungenutzt“, sagt sie abschließend. (SpringerLink/uni-kassel/futureorg/signals)

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