Musik im Büro: Hack für Produktivität oder Störfaktor?

Wenn es um Musik am Arbeitsplatz geht, klaffen die Meinungen auseinander. Die einen feiern die geistige Anregung, andere hingegen empfinden es als unprofessionellen Störfaktor. Und immer wieder sorgt dieses Thema für Diskussionen: Was sagt das Gesetz und die Wissenschaft dazu?

Während in der Produktionshalle die Musik oft bis zum Anschlag aufgedreht wird, würde das Büro mit diesen Stärken auf dem Kopf stehen. Doch nicht jeder ist begeistert, wenn das Büro in einen Partykeller verwandelt wird. Neben dem richtigen Geräuschpegel kommt auch der rechte Radiosender oder das richtige Musikgenre ins Spiel.

Vertragliche Verpflichtung erfüllbar?

Zunächst muss jedoch festgestellt werden, ob es grundsätzlich erlaubt ist, am Arbeitsplatz Musik zu hören – Prinzipiell spricht nichts dagegen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, unter der Voraussetzung, dass die vertragliche Verpflichtung erfüllt ist. Das heißt, solange der Beschäftigte selbst, seine Kollegen und Kunden durch die Geräusche nicht gestört werden und ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können. Erfolgt eine negative Beeinflussung, hat der Arbeitgeber das Recht, der Musik einen Schlussstrich zu setzen.
 
Ob es möglich ist, unter diesen Bedingungen Musik zu hören, sei dahingestellt. In Anbetracht der unzähligen “Work and Concentration”-Playlists, die auf YouTube und Spotify zu finden sind, kann man daraus ein unmissverständliches Ja schließen. Die Betroffenen halten es demnach für ihr gutes Recht, bei der Arbeit Musik zu hören. Gleichzeitig gibt es aber auch genug Menschen, die sich vor jeglicher Ablenkung hüten wollen. Diejenigen, die allein in Konferenzräumen Platz nehmen, um in Großraumbüros einen kühlen Kopf zu bewahren, und solche, die sich mit Ohrstöpseln ausstatten. Der Milliardär Bill Gates soll etwa in seinen Zwanzigern fünf Jahre lang auf Musik und Fernsehen verzichtet haben, um sich besser konzentrieren zu können. Weil er dachte, sie würden ihn nur vom Nachdenken über Software ablenken.

Activation Theory – effektiv arbeiten

Dabei gibt es eine ganze Reihe von Studien, die belegen, dass Musik die Konzentrationsfähigkeit steigern kann. Die Bedingung ist entscheidend. Die Klänge müssen sanft und unaufdringlich sein. Sobald die Musik einen bestimmten Lärmpegel erreicht, betäubt sie nämlich sämtliche anderen Gedanken. Die Wahl der richtigen Musik beeinträchtigt also die Produktivität. Ein Blick in die Geschichte verrät, dass der Blues auf diese Weise entstanden ist. Um die harte und eintönige Arbeit besser ertragen zu können, begannen die Pflücker auf den Baumwoll- und Tabakplantagen zu singen.
 
Auch heute noch wird die Musik aus solchen Gründen als Instrument eingesetzt. Die Aktivierungstheorie beschreibt zum Beispiel, dass geistige Erregung notwendig ist, um effektiv zu funktionieren. Denn wir sind auf eine gewisse Erregung angewiesen, um ausreichend motiviert zu sein, um Ziele zu erreichen und gute Arbeit zu verrichten. Vermutlich ist es nicht die Musik selbst, die die Produktivität steigert. Vielmehr ist es die bessere Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden, das durch das Hören von Musik entsteht.

Mit Musik die Leistung erhöhen?

In einer Studie aus dem Jahr 2011 heißt es, dass Hintergrundmusik “den Leseprozess stört, sich geringfügig nachteilig auf das Gedächtnis auswirkt, sich aber positiv auf emotionale Reaktionen auswirkt und die Leistungen im Sport verbessert”. Tatsächlich wird die positive Wirkung auf die körperliche Leistungsfähigkeit auch von anderen Studien stark unterstrichen. In einer Studie mit dem Titel “Musical agency reduces perceived exertion during strenuous physical performance” heißt es, dass “die musikalischen Parameter Tempo und Rhythmus nachweislich einen motivierenden und ergogenen Effekt auf die sportliche Leistung haben”. Und dass die Wahrnehmung der Anstrengung durch die ablenkende Wirkung der Musik verringert wird.
 
Frühere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Musik die Leistung bei verschiedenen kognitiven Aufgaben oft negativ beeinflusst. Dies lässt darauf schließen, dass Personen, die ihre Aufmerksamkeit besser kontrollieren können, möglicherweise vor musikbedingter Ablenkung geschützt sind. Auch die Lautstärke spielt hier eine entscheidende Rolle. Erreicht sie einen bestimmten Pegel, lenkt sie die gesamte Wahrnehmung auf sich – effektives Arbeiten wird so fast unmöglich. Aber auch das Genre ist entscheidend. Während dynamische Sounds die Konzentration verringern, kann ruhige, klassische Musik für Entspannung und konzentriertes Arbeiten sorgen.

Musik im Büro – Konfliktpotenzial

 “Stört es jemanden, wenn ich Musik höre?”, kann im Büro schon einiges bewirken. Und Konflikten zwischen Leuten, die gerne Musik bei der Arbeit hören und denjenigen, die absolute Stille bevorzugen entgegenwirken. Jetzt müssen sich die Kollegen nur noch auf den Stil und die Lautstärke einigen. Und wer einen Konflikt grundsätzlich vermeiden will, kann sich mit Kopfhörern einen kleinen Unterschlupf schaffen. So auch seine musikalischen Sonderwünsche erfüllen.
 
Doch Vorsicht! Dieser kleine Begleiter wird schnell als unhöflich und unkommunikativ empfunden. Wenn es etwas zu besprechen gibt, kann das schnell zum Ärgernis werden. Für denjenigen, der den unaufmerksamen Musikhörer ansprechen will, und für denjenigen, der einfach nur in Ruhe lauschen möchte. Noch unerfreulicher ist es, wenn ein Vorgesetzter einem plötzlich von hinten auf die Schulter klopft. (signals/futureorg)
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