Multilokalität: Vom digitalen Nomaden zu den Vorteilen zirkulärer Mobilität?

Technischer Fortschritt macht Telearbeit schon lange möglich. Insbesondere seit der Corona-Pandemie ist das Bild des digitalen Nomaden in den Fokus gerückt. Neben dem zelebrierten Lifestyle birgt es allerdings verschiedene Herausforderungen mit sich. Gegenstand dieses Artikels ist es, um welche es sich beim Thema Wohnen handelt und wie man deren Nachteile vermeiden kann.

Der Pandemie-Hype um das Homeoffice hat das Bild des am Strand mit Laptop, Cocktail und Sonnenbrille posierenden digitalen Nomaden in den Fokus gerückt: Mühelos scheint der Ortswechsel mit der Erwerbstätigkeit aus der Ferne vereinbar. Die Technik macht es möglich. Rückenschmerzen aufgrund der unbequemen Strandliege, Infrastrukturprobleme oder der Zeitverlust aufgrund von Ortswechseln kommen im präsentierten Lifestyle nicht vor. Am Ende bleibt der Eindruck, digitales Nomadentum ist mit einem Augenzwinkern zu verstehen – nicht ganz ernst gemeint und nicht ernst zu nehmen. Oder doch?

In der Fachliteratur nennt man es “Multilokalität”

Schaut man in die Fachliteratur, ist von “Beschleunigung des Lebenstempos” (Kramer 2020: 89) die Rede. Hartmut Rosa geht beim Einzelnen von einer „Entzeitlichung von Geschichte und Leben“ (2005: 477) aus. Temporär begrenztes Arbeiten und Leben an einem anderen Ort ist nicht nur eine Philosophie. Pragmatisch betrachtet sind damit aufenthaltsrechtliche und steuerrechtliche Fragen verbunden. Zentral ist auch die Frage, wie der “Nomade” oder die “Nomadin” wohnt. Das Thema Wohnen eröffnet ein breites Feld, indem es neben dem praktischen Thema der Obdach auch um emotionale Bindungen an ein “Zuhause” geht.
 
In der öffentlichen Debatte wird der Aspekt typischer Weise mit Art der Aufgabe verknüpft. Als Beispiele dienen in die häusliche Pflege eingebundene Fachkräfte aus Osteuropa oder Expats in Dependancen, die weit vom Hauptsitz des Unternehmens lokale Projekte umsetzen und Prozesse bewachen. Die Wohnraumeinbettung ist jeweils sehr unterschiedlich: Während die Pflegekraft informell im häuslichen Umfeld der zu pflegenden Person verbleibt, wird für den Expat erst ein räumliches Umfeld geschaffen. Befindet sich dieser in einer Region, die im Gegensatz zu Deutschland als strukturschwacher gilt, sind nicht nur Kosten, sondern auch Mühen aufzunehmen – um es dem oder der Entsandten weit weg der Heimat so angenehm wie möglich zu machen. Die Frage nach dem Unterbringen der unmittelbaren Bezugspersonen folgt unausweichlich.

Zirkuläre Mobilität – Multilokalität light?

Welche Lösungen sollen dann her? Digitales Nomadentum mit Rucksack erfüllt nur begrenzt die Ansprüche an Komfort und Produktivität, die sich viele Unternehmen und Kund:innen wünschen. Zweimal Miete zahlen verschlingt einen Großteil der liquiden Mittel. Wenn man aber die Multilokalität gegen gut erreichbare und attraktive Bi- oder Trilokalität austauscht, in der ein oder zwei weitere Wohnsitze bzw. Firmensitze fest in die Routinen der Arbeitsabläufe eingeplant sind, könnten die positiven Aspekte überwiegen.
 
Der Anspruch lautet also Immobilienkonzepte zu entwickeln, die Freelancer, Mittelstand und Expats gleichermaßen ansprechen. Wer passt auf den Wohnsitz auf, wenn man gerade nicht vor Ort ist? Kann man den Mitarbeitenden ein attraktives Umfeld für die Klausurtagung bieten? Fühlt sich die Familie dort genauso wohl, die dem Freelancer zu Besuch kommt? Auf diese Fragen braucht es Antworten. Durch diese Form zirkulärer Mobilität überwiegen die Vorteile des digitalen Nomadentums. (futureorg/signals)
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