Gründen mit Migrationshintergrund: Außerhalb relevanter Kreise

Gründer:innen mit Migrationshintergrund spielen eine zentrale Rolle für die deutsche Wirtschaft. Trotzdem haben sie mit vielen Hürden auf dem Weg in die Selbstständigkeit in Deutschland zu kämpfen.

Jedes fünfte Start-up in Deutschland wurde von einer Person mit Migrationshintergrund gegründet. Davon sind 58 Prozent nicht einmal hierzulande geboren, sondern zugewandert, berichtet der “Migrant Founders Monitor 2023“. Sie bieten viel Potenzial für die deutsche Wirtschaft, denn sie sind nicht nur risikofreudig, innovativ und ehrgeizig, sondern auch bestens qualifiziert: 87,2 Prozent der Gründerinnen und Gründer sind akademisch ausgebildet.
 
Dies liegt nicht nur daran, dass Migrant:innen erster Generation akademisch ambitioniert sind, sondern auch daran, dass sich die Zuwander:innen primär wegen der akademischen (29 Prozent) und beruflichen (22 Prozent) Perspektiven für Deutschland entschieden haben. Das Gründungsmotiv war hingegen nicht ausschlaggebend genug und macht eines deutlich: Deutschland ist kein attraktiver Standort für potenzielle Start-ups. Dafür gibt es mehrere Ursachen, vor allem aber Sprachbarrieren, bürokratische Hürden und fehlendes Kapital.

Deutschland schneidet schlecht ab…

“Gerade im Kontakt mit Behörden und Ämtern (42 Prozent) sowie Banken (31 Prozent) sehen sich Migrant Founders der ersten Generation im Nachteil gegenüber anderen Gründer:innen”, berichtet der Monitor. Die ersten Hürden beginnen schon bei der Einwanderung. Die deutsche Bürokratie ist dafür bekannt, einiges zu erschweren – vor allem bei der Visumsvergabe, oder dem Antrag auf Arbeitserlaubnis…
 
Der Aufwand, der dabei entsteht, lohnt sich für viele gar nicht. Vor allem, wenn konkurrierende Länder bessere Rahmenbedingungen für Gründer:innen bieten. Insgesamt schaffte es Deutschland im internationalen Wettbewerb nur auf Platz 12. Kanada, USA, Frankreich, Großbritannien und Irland sind hier die Vorreiter. Das ist das Ergebnis einer Studie der OECD.

Im Nachteil gegenüber Deutschen?

“Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass ich aufgrund von Sprachbarrieren und als junge Frau anders wahrgenommen werde als meine deutschen Mitgründer und Mentoren – etwa wenn es darum geht, Kontakte zu knüpfen, gegenüber Investoren zu pitchen oder auch ein Bankkonto zu eröffnen. Da fehlt es manchmal an Zugängen, Offenheit und Vertrauen”, erzählt Verónica García Arteaga Co-Founder & CEO des veganen-Ei-Start-ups Neggst, im Migrant Founders Magazine.
 
Damit steht sie nicht allein da. Vor allem bei der Suche nach optimalen Finanzierungsmöglichkeiten ergibt sich ein schwieriges Unterfangen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz erhalten Gründer mit Migrationshintergrund weniger als die Hälfte des Risikokapitals, das Gründer ohne Migrationshintergrund erhalten. creditshelf, ein digitaler Unternehmensfinanzierer, setzt noch eins drauf: Fördermittel seien für Migranten oft unerreichbar, zumal die Anträge meistens nur in deutscher Sprache verfasst sind. “In der deutschen Amtssprache sind solche Formulare, selbst für diplomierte Akademiker, nicht selten ein unüberwindbares Hindernis.

Gründer:innen mit Migrationshintergrund fehlt Kapital

Außerdem fehlt Menschen mit Migrationshintergrund immer noch die Verankerung in der Geschäftswelt. Durch den fehlenden Kontakt zu den richtigen Leuten verpassen viele einzigartige Informationen und Möglichkeiten, die man sonst nur innerhalb dieser Kreise gewinnen kann. Entsprechend äußert sich auch Gülsah Wilke, Mitgründerin & Geschäftsführerin von 2hearts, einer Plattform und Gemeinschaft für Menschen mit Migrationshintergrund aus der Tech-Szene, im Migrant Founders Magazine: “Leider erhalten immer noch oft nur die offensichtlichen Gründer*innen Kapital, während solche mit Migrationshintergrund keinen Zugang zu relevanten Netzwerken und Fördermitteln haben.“ (MigrantFoundersMonitor/creditshelf/bmwk/oecd/futureorg/signals)

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Herausgeber ist das futureorg Institut – Forschung und Kommunikation für KMU mit Sitz in Dortmund/NRW.

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