- 5. April 2022
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Die Zukunft genehmigen: Genehmigungsverfahren effizienter gestalten
Veraltete Genehmigungsverfahren können die nachhaltige Transformation der deutschen Industrie hindern. Daher der neue Leitfaden des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI). Mit einem Neun-Punkte-Papier schlägt der Verband einen Weg vor, wie Zulassungsverfahren für Industrieanlagen beschleunigt werden können. Das Ziel: Den Wandel zur Klimaneutralität vereinfachen.
„Mit Genehmigungsverfahren von gestern können wir das Morgen nicht klimaneutral gestalten. Wir müssen uns jetzt die Zukunft genehmigen.“ So begründet Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des VCI, das neue Papier des Verbandes. Für Klimaschutz fordert er dringend ein Beschleunigungsgesetz für Planungs- und Genehmigungsverfahren, das auch Anlagen in der Industrie einschließt: Wenn die Politik Wachstumsbremsen lösen und Klimaschutzhemmnisse abbauen wolle, dürfe sie sich nicht auf Windräder beschränken.
Das Neun-Punkte-Papier ist die Quintessenz aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) über das volkswirtschaftliche Potenzial effizienterer Genehmigungsverfahren sowie eines Rechtsgutachtens der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft zur Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Sowohl die Studie als auch das Rechtsgutachten hat der VCI in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Der Umbau der Wirtschaft zur Treibhausgasneutralität wird nach Ansicht des VCI die Zahl der Genehmigungsverfahren vervielfachen.
Genehmigungsverfahren beschleunigen
Der VCI fordert weiter eine Digitalisierungsoffensive sowie eine Einstellungs- und Qualifikationsinitiative in den Behörden. Auch müsse überkomplexe Bürokratie abgebaut werden. Das könne gelingen, wenn jede neu geplante gesetzliche Regelung einen ‚Transformations-Check‘ bestehen muss, der kritisch hinterfragt, ob sie Prozesse beschleunigt oder behindert. Auch Doppelregelungen und Widersprüche seien zu beseitigen.
IW-Direktor Michael Hüther sieht in einer Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowohl ökologisches als auch ökonomisches Potenzial: Würde es in Deutschland einen Tag weniger dauern, ein Unternehmen zu gründen, könnte das zwei Milliarden Euro zusätzliche Direktinvestitionen pro Jahr ermöglichen, hat das IW ermittelt. „Der hohe bürokratische Aufwand bedeutet für unsere Wirtschaft international einen enormen Wettbewerbsnachteil“, sagt Hüther.
Gleichzeitig sei es von elementarer Bedeutung für das Erreichen der ambitionierten Klimaziele, Planungs- und Genehmigungsverfahren effizienter zu gestalten. Rund 1.500 Verfahren zu Industrieanlagen auf Basis des Bundesimmissionsschutzgesetzes werden nach Kenntnis des IW pro Jahr in Deutschland abgewickelt. Solche Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung dauern bis zur Genehmigung in der Regel fünf bis acht Jahre. Einige dieser Anlagen sind für die Dekarbonisierung der deutschen Industrie unverzichtbar.
Die Öffentlichkeit beteiligen
Der VCI hält eine Beteiligung der Öffentlichkeit für relevant und richtig. Um schneller zu werden, müssen die Beteiligungsverfahren aber gezielter und straffer ausgerichtet werden. Dabei ist der Branche besonders wichtig, dass die Balance zwischen der Öffentlichkeitsbeteiligung und dem Schutz von Betriebsgeheimnissen und vor Cyberkriminalität besser justiert wird. Hierfür schlägt der VCI eine Beteiligung für die betroffene Öffentlichkeit vor und empfiehlt, den Umfang der auszulegenden Unterlagen auf ein rechtssicheres Maß zurückzuführen. Ziel könnte ein verständlicher Bürgerbericht sein, so der Chemieverband.
Einem Know-how-Diebstahl könnte man vorbeugen, indem Behörden beispielsweise auf Kopier-, Weiterleitungs- oder Download-Möglichkeiten verzichten oder Dokumente verschlüsselt werden. Stefan Altenschmidt von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft in Düsseldorf befürwortet eine vollständige Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Er betont aber: „Um die Interessen am Geheimnisschutz und an einer stärkeren Digitalisierung der Öffentlichkeitsbeteiligung zu versöhnen, könnte das im staatlichen Geheimnisschutz etablierte in-camera-Verfahren genutzt werden.“
Bei diesem Verfahren prüfen drei zur Verschwiegenheit verpflichtete Richter die Berechtigung des geltend gemachten Geheimnisschutzes. In Verbindung mit einer kurzen Entscheidungsfrist von zwei Monaten könne hierdurch allen betroffenen Interessen entsprochen werden. Altenschmidt plädiert auch dafür, den Erörterungstermin zu streichen, da er europarechtlich nicht gefordert ist und in der Praxis regelmäßig ergebnislos verläuft. Schließlich sei das rechtliche Instrumentarium für eine frühest-mögliche und intensive Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz bereits vorhanden. (vci/futureorg/signals)
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