Frauen im Projektmanagement: Sexismus als Top-Herausforderung

Eine aktuelle Studie hat erstmals die Arbeitsbedingungen von Frauen im Projektmanagement untersucht. Mit Ergebnissen, die selbst die Initiatorin überrascht haben: Im Videointerview diskutiert Darya Fradkova-Schwarz mit Kamuran Sezer ihre Erkenntnisse – und gibt Tipps, wie Unternehmen für Frauen attraktiv werden können. 

Darya Fradkova-Schwarz hält für die Arbeitgeber einige gute Nachrichten bereit. „Die Wechselwilligkeit von Frauen ist sehr gering“, berichtet sie. Sie liegt bei rund der Hälfte der Befragten. “Relevant ist, dass die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, nicht vom Gehalt abhängt”, erklärt sie weiter. Gemeinsam mit dem Münchner Beratungsunternehmen „TPG – The Project Group“ schloss sie eine Studie ab, die in der Wirtschaft Wellen schlägt. 

417 befragte Projektmanagerinnen

Darin untersuchte die Politikwissenschaftlerin und Volkswirtin die Arbeitsbedingungen von Frauen im Projektmanagement – und welche Anforderungen sie stellen. Darya lobt die „Interest-Groups“ in Verbänden, die sich für diese Frauen einsetzen. Ein Bewusstsein für das Thema habe es schon immer gegeben, erwähnt sie wertschätzend. Aber: Es fehlte immer an Daten. „Wir beziehen uns nun auf Trends“, führt sie mit Blick auf ihre eigene Untersuchung aus.

Darya Fradkova-Schwarz

Darya Fradkova-Schwarz hat Politikwissenschaft und Volkswirtschaft in Aachen und Bern, später International Business in Maastricht und Fairfield studiert. Seit 2012 ist sie in Projekt- und Veränderungsmanagement tätig. 2017 startete sie den Blog die-Projektmanagerin.de und ist Initiatorin der Studie „Frauen im Projektmanagement“.

Die letzte Studie, die sich dem Thema angenommen hat, liegt über neun Jahre zurück. Der Verband „GPM – deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V.“ erarbeitete 2014 erstmals Strukturdaten zu Frauen im Projektmanagement. Rund 30 Prozent der Beschäftigten im Projektmanagement sind weiblich, stellte GPM damals unter anderem fest. Seitdem Funkstille.
 
Daryas Studie hat diese Stille durchbrochen. Mit Ergebnissen, die sie selbst nicht erwartet hat. Vor der mangelhaften „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ hat eine große Mehrheit der befragten Frauen den „Sexismus am Arbeitsplatz“ angeprangert. Überrascht war Darya zudem, dass einige Frauen, die im Projekt eine Leitungsfunktion innehatten, diese Verantwortung nicht erneut übernehmen wollten. 
Eine gute empirische Studie liefert Antworten auf die gestellten Fragen. Eine hervorragende Studie wirft neue Fragen auf. Sie lädt die Öffentlichkeit ein, sich mit den Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Die Studie “Frauen im Projektmanagement” berührt nicht nur ein Thema, das in der Gesellschaft vielfach diskutiert wird: die Rolle von Frauen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt. Vor allem bietet sie Anhaltspunkte für Arbeitgeber, die Frauen anwerben möchten. Dies ist dringend nötig.
 
Angesichts des real gewordenen Fachkräftemangels stellt diese Gruppe eine stille Reserve dar. So weisen Darya und ihr Kooperationspartner in der Studie hin, dass einer Prognose des Project Management Institutes aus 2021 zufolge, bis 2030 weltweit 25 Millionen Projektmanager benötigt werden. „Frauen“, sind Darya und TPG – The Project Group überzeugt, „können einen entscheidenden Beitrag leisten, diese Talentlücke zu schließen.“

Nächstes Ziel: eine Konferenz

Was können Arbeitgeber selbst leisten? „Flexible Arbeitszeitmodelle“, führt Darya an. Gerade das Projektmanagement biete viele Vorteile: Leadership-Sharing, Teilzeit-Tätigkeiten, remotes Arbeiten. „Da ist ein großes Potenzial für Arbeitgeber, genau da anzusetzen.“ Im Interview sagt sie es nicht explizit. Es ist jedoch typisch für Darya, nicht abzuwarten, dass erst die Arbeitgeber Einsicht gewinnen. „Das ist keine Philanthropie. Das ist ein Business Case“, sagt sie mit Blick auf ihr Engagement. 

Sie erwartet, dass Frauen selbst tätig werden. “Wie viele Frauen im Projektmanagement sind etwa auf LinkedIn sichtbar?”, fragt Darya ein wenig gefrustet. Sie wünscht sich mehr Sichtbarkeit – und vor allem ein größeres Engagement von Frauen, sich sichtbar machen zu wollen. 
 
Daher hört Daryas Beitrag nicht mit der Studie auf. Ihr großer Wunsch ist es, eine Konferenz zu organisieren. Sie ist überzeugt: „Daraus könnte eine große Energie entstehen.“ (futureorg/signals)

Studie kostenlos herunterladen:

Ziel der Studie „Frauen im Projektmanagement“ ist es, einen Überblick über die aktuelle Situation und die wahrgenommene Stimmungslage von Frauen im Projektmanagement zu geben. Insgesamt sind 417 valide Datensätze aus dem deutschsprachigen Raum in die Auswertung eingeflossen.

Die Studie umfasst 71 Seiten mit Management Summary, Grafiken und Erläuterungen sowie ein Anhang mit 49 Seiten.

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