Gründerinnen in Deutschland: Eine Seltenheit?

Ähnlich wie bei der Arbeitsmarktteilhabe, ist der Gender-Gap auch in der Gründerszene zu finden: Frauen gründen seltener, in ihre Unternehmen wird weniger investiert. Ein Blick auf die historischen und gesellschaftlichen Hintergründe gibt Aufschluss.

Deutschland zahlenmäßig keine Gründungsnation

„Deutschland ist keine Gründungsnation“ stellt Julia Ehlert-Hoshmand gleich zu Beginn der Handreichung mit dem Titel „Gründerinnen-Nation Deutschland?“ fest. Direkt im Anschluss erfolgt die zentrale Erkenntnis des Berichts „Deutschland ist (auch) keine Gründerinnen-Nation.“ Für die Broschüre hat ein Team des Handelsblatt Research Instituts Erkenntnisse aus verschiedenen Quellen zum Thema weibliche Gründerszene in Deutschland zusammengetragen. Während die dargestellten „Gründerinnen-Typen“ empirisch schwach validiert sind (aber deswegen nicht weniger interessant), ist die Zusammenfassung der Sekundärdaten sehr aufschlussreich.
 
2019 gab es 605.000 Existenzgründungen in Deutschland, 215.000 davon durch Frauen. Damit liege die Quote zahlenmäßig hinter anderen Industrienationen. In Deutschland betrug der Anteil der Gründer:innen im Jahr 2022 laut TEA-Quote rund 9,1 Prozent. Dieser liegt für die USA bei 19,2 Prozent und für Kanada noch bei 16,5 Prozent. Im europäischen Ausland kommt die Niederlande noch auf 12,5 Prozent. Frankreich liegt mit 9,2 Prozent fast gleich auf.

Kapital, Invest, Geld – nicht weiblich konnotiert

Warum Frauen seltener gründen, dürften verschiedene Aspekte eine Rolle spielen. Gesellschaftlich
betrachtet sind Frauen durch Care-Arbeit mehrfach belastet und haben statistisch weniger Me-Time zur Verfügung als Männer. Um Ideen zu entwickeln, wäre das hinderlich. Rechtlich haben sie aufzuholen, dass sie als Geschäftspersonen zunächst keine Rolle gespielt haben. Eigenständig ein Bankkonto führen, selbst über Erwerbstätigkeit entscheiden – all das wurde in Deutschland erst in den Umbruchjahren 1962 bis in die 1970er rechtlich möglich. Gesellschaftsfähig ist die Müttererwerbstätigkeit erst in den letzten Jahren geworden – statistisch immer noch zumeist in Teilzeit. Da erstaunt es nicht, dass ausgerechnet die Existenzgründung von vielen Frauen nicht in Erwägung gezogen wird.
 
Laut der Daten des Handelsblatt Research Instituts geben Frauen am häufigsten als Hindernis „Respekt vor bürokratischem Aufwand“ (58,9 %) und „Respekt vor steuerlichen Themen“ (51,1 %) an. Gleichzeitig erhebt das Institut, dass Frauen für ihre Start-ups deutlich weniger Geld akquirieren als Männer, die sich gegenüber einer männlichen Investorenlandschaft leichter durchsetzen können, so die Vermutung der Autorenschaft. Frauen müssen einiges nachholen, die Zahlen sprechen für sie. Die Tendenz geht Richtung mehr Gründerinnen und mehr gemischt-geschlechtliche Gründerteams. Das Gründungsgeschehen eines Landes spricht für Fortschritt und Freiheit. Wenn Frauen daran stark partizipieren, ist das gut für alle. (futureorg/signals)

Literaturempfehlung:

Handelsblatt Research Institute (2021): Gründerinnen-Nation Deutschland? Erfolgsgeschichten,
Herausforderungen, Zukunftsperspektiven. Düsseldorf.
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