Rekord-Fachkräftemangel: Skepsis in Hinblick auf die Zukunft?

Der Mangel an IT-Fachkräften verschärft sich weiter. In den deutschen Unternehmen sind aktuell 149.000 Stellen für IT-Expertinnen und -Experten unbesetzt. Das sind 12.000 mehr als vor einem Jahr, bestätigt eine Bitkom-Studie. Es besteht wenig Hoffnung auf eine Verbesserung in der Zukunft.

Während der Corona-Pandemie 2020 und 2021 wurde der kontinuierliche Anstieg der vergangenen Jahre unterbrochen: Die Zahl offener Stellen fiel kurzzeitig unter die Marke von 100.000. „Der Mangel an IT-Fachkräften besteht in Deutschland unabhängig von Konjunkturzyklen und ist ein systemisches Problem der deutschen Wirtschaft. Zu wenig Fachkräfte und zu viel Regulierung bremsen das digitale Deutschland“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst.
 
„Davon ist neben den Unternehmen zunehmend auch die öffentliche Verwaltung betroffen, die unbedingt mehr Digitalkompetenz braucht. Der Mangel an IT-Fachkräften wird sich durch die demografische Entwicklung in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Politik und Unternehmen müssen schnell und massiv gegensteuern.“

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Es überwiegt die Skepsis

Aktuell halten gerade einmal 2 Prozent der Unternehmen das Angebot an IT-Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt für ausreichend. Vor einem Jahr waren es noch 8 Prozent. Zugleich sagen 70 Prozent (2022: 74 Prozent), es herrsche ein Mangel an IT-Fachkräften. Und mit Blick auf die Zukunft überwiegt die Skepsis: Nur 3 Prozent erwarten, dass der Mangel abnehmen wird (2022: 2 Prozent). 77 Prozent befürchten, dass sich die Situation verschärft (2022: 70 Prozent).
 
Bereits heute merken 6 von 10 Unternehmen (60 Prozent), dass sich Stellen für IT-Fachkräfte langsamer besetzen lassen als andere Stellen, im Schnitt bleiben freie Positionen 7,7 Monate unbesetzt. Vor einem Jahr waren es noch 7,1 Monate. In jedem fünften Unternehmen (21 Prozent) liegt der Schnitt bei 10 bis 12 Monaten, bei 4 Prozent ist es sogar mehr als ein Jahr.

Schwierige Stellenbesetzung

Nur 3 Prozent der Unternehmen haben keine Probleme bei der Besetzung von IT-Stellen. Umgekehrt erhält rund jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) faktisch keinerlei Bewerbungen auf Jobangebote für IT-Fachkräfte. Die Unternehmen stehen bei der Besetzung offener Stellen vor einer Vielzahl weiterer Herausforderungen. Dazu gehören Gehaltsvorstellungen der Bewerber:innen, die nicht zum gewachsenen Gehaltsgefüge des Unternehmens (61 Prozent) oder der jeweiligen Kompetenzen (56 Prozent) passen.
 
Häufig sind Bewerber:innen auch fachlich unterqualifiziert (46 Prozent). Oder ihnen fehlt es an den notwendigen Soft-Skills (41 Prozent). 35 Prozent der Unternehmen sehen fehlende Deutschkenntnisse als eine Schwierigkeit. 18 Prozent fehlende Fremdsprachenkenntnisse. 11 Prozent haben spezifische Anforderungen an Kenntnisse über neueste Technologien, die nicht erfüllt werden – nur 3 Prozent beklagen fachlich überqualifizierte Bewerbungen.

Interne Probleme

Es gibt auch Gründe, die in den Unternehmen selbst liegen. 40 Prozent räumen ein, dass sie die Anforderungen der Bewerber:innen an mobiles Arbeiten nicht erfüllen können. 29 Prozent fordern Reisebereitschaft oder Umzug. Rund ein Fünftel (19 Prozent) der Unternehmen kann die Wünsche nach Weiterbildung nicht erfüllen. Fast ebenso viele (18 Prozent) stellen fest, dass sie ihre Personalentscheidungen zu langsam treffen. Und 6 Prozent halten die Bewerberinnen und Bewerber für zu alt.
 
„Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt müssen sich die Unternehmen mehr anstrengen und zum Beispiel ihre internen Bewerbungs- und Entscheidungsprozesse beschleunigen. Das kann dem einzelnen Unternehmen helfen, es löst das Problem des Fachkräftemangels allerdings in keiner Weise“, so Wintergerst. „Die Politik kann und muss hier mehr tun, zum Beispiel indem ältere Beschäftigte durch Anreize und unbürokratisches Arbeiten jenseits der Altersgrenze länger im Beruf bleiben können.“

Unternehmen setzen auf Quereinsteiger

Die Zahl der Absolvent:innen eines Studiums der Fächergruppe Informatik ist 2022 leicht gestiegen, von 32.125 auf 34.385. Aufgenommen haben ein solches Studium zuletzt 72.389 Personen. „Es studieren immer noch zu wenig junge Menschen und vor allem auch zu wenig Frauen Informatik. Und die Abbrecherquote liegt dauerhaft über 50 Prozent und ist damit viel zu hoch. Den steigenden Bedarf an IT-Fachkräften werden wir aus den Hochschulen nicht decken können“, so Wintergerst.
 
In den vergangenen zwölf Monaten wurden IT-Stellen am häufigsten mit Bewerber:innen besetzt, die eine duale Berufsausbildung wie Fachinformatik abgeschlossen haben (44 Prozent). Einen IT- oder IT-nahen Hochschulabschluss hatten 16 Prozent. 17 Prozent haben ein solches Studium zwar begonnen, aber nicht abgeschlossen. Und rund ein Viertel (23 Prozent) sind Quereinsteiger:innen. Wintergerst: „Der Quereinstieg in die IT ist eine attraktive Möglichkeit. Inzwischen gibt es auch eine Vielzahl von Angeboten, die Interessierte dabei unterstützen, etwa Programmier-Bootcamps“.

Hoffnung auf KI

Rund die Hälfte der Unternehmen (48 Prozent) glaubt, dass KI im eigenen Unternehmen dabei helfen kann. Jeweils 4 von 10 Unternehmen erwarten, dass nahezu alle Beschäftigten mit KI in Berührung kommen werden (43 Prozent). Und dass sich nahezu alle Tätigkeiten im Unternehmen durch KI verändern werden (40 Prozent). 44 Prozent gehen davon aus, dass KI die Beschäftigten im Unternehmen überfordern wird. 38 Prozent bieten entsprechende Weiterbildungen an.
 
Dabei erwarten die Unternehmen, dass KI die Beschäftigten bei Standardaufgaben entlasten wird (57 Prozent), bei der individuellen Weiterbildung helfen (51 Prozent) und IT-Fachkräfte unterstützen kann. Etwa beim Programmieren (42 Prozent). 40 Prozent meinen, dass KI das Schreiben von Arbeitszeugnissen übernehmen wird. Ein Drittel sieht Potenzial bei der Bewertung von Arbeitsleistungen (32 Prozent) oder der Vorauswahl von Bewerber:innen (31 Prozent). Rund ein Viertel hält den KI-Einsatz bei der Bewertung der Arbeitsbelastung (26 Prozent) und dem Onboarding (23 Prozent) neuer Mitarbeiter:innen für möglich. Nur 15 Prozent gehen davon aus, dass KI bei keiner dieser Aufgaben unterstützen kann. (bitkom/futureorg/signals)
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