Diversität am Arbeitsplatz: Viel Gelaber, nichts dahinter?

Deutschland ist ein religiös vielfältiges Land. Dies spiegelt sich in allen Bereichen unserer Gesellschaft wider, nicht zuletzt auch am Arbeitsplatz. Doch gerade dort zeigt sich oft Ungewissheit. Wie man mit Glaubensvielfalt und ihren Anforderungen an den Betrieb umgehen kann, zeigen Mittelständler Teckentrup GmbH.

Religiöse Vielfalt, ein Thema, das oft besprochen und genauso vielfältig kommentiert wird. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes zeigt auf: Die Einstellung der deutschen Bevölkerung christlicher und nicht christlicher Religionsgemeinschaften gegenüber fällt mehrheitlich positiv aus. Auch wenn ein “nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung in Deutschland über ein Negativbild des Islams und der hier lebenden Muslim:innen verfügt.”
 
Umso überraschender ist die Skepsis der Deutschen, wenn es darum geht, die propagierte Anerkennung und Gleichbehandlung aller Religionsgruppen im Alltag tatsächlich umzusetzen. Etwa die Befreiung von Angestellten von der Arbeit an wesentlichen Feiertagen ihrer Religion. Die Anerkennung eines Kopftuches am Arbeitsplatz. Oder die Einführung von Gebetspausen.

Religionsfreiheit – ein Menschenrecht, das berücksichtigt wird?

Es sind gerade solche Alltagsaspekte, die das Betriebsklima und die Motivation der Mitarbeitenden bestimmen. Umso wichtiger ist es für Arbeitgeber, sich mit dem Thema Religionsvielfalt und -wertschätzung auseinanderzusetzen. Nicht zuletzt, weil sie auch zu Konflikten in der Belegschaft führen können. Führungskräfte haben die Pflicht, ihre Mitarbeiter vor Diskriminierung zu schützen – durch Kollegen und Vorgesetzte, aber auch durch Drittparteien. Und eine zuständige Anlaufstelle für Beschwerden einzurichten. Vor allem, weil die Religionsfreiheit in Deutschland durch das Grundgesetz geschützt ist.
 
Dies schließt auch das öffentliche Bekenntnis zu einer Religionszugehörigkeit ein. Somit ist auch das Tragen religiöser Kleidung, wie z.B. eines Kopftuches, oder von Symbolen, wie einer Rosenkranzkette, am Arbeitsplatz zu akzeptieren. Dieser vom Staat gewährte Schutz gilt für alle Beschäftigungsverhältnisse und für alle Phasen der Beschäftigung. Abgelehnte Bewerber:innen haben zwar kein Recht auf Beschäftigung, wenn nachgewiesen ist, dass sie aufgrund ihrer religiösen Ansichten diskriminiert wurden. Sie können jedoch immer noch auf Schadensersatz klagen. Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle gehen die meisten Anfragen von Hijabis ein, deren Bewerbungen aufgrund dieses Kriteriums abgelehnt werden.

Absage wegen öffentlicher Religionsbekenntnis?

So erging es auch einer Muslima im Jahr 2017, deren Bewerbung als Grundschullehrerin im Land Berlin abgelehnt wurde, weil sie im Unterricht das Kopftuch tragen wollte. Dies berichtet die DGB Rechtsschutz GmbH. Das Problem: Aufgrund des Berliner Neutralitätsgesetzes, das Lehrerinnen an öffentlichen Schulen das Tragen religiöser Kleidungsstücke verbietet, war die Ablehnung zunächst begründet. Das Landgericht entschied dennoch zugunsten der Klägerin – hier liege eine Diskriminierung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vor. Das auf das Neutralitätsgesetz gestützte Verbot greife in die verfassungsrechtlich geschützte Religionsfreiheit ein.
 
Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Linkspartei) spricht sich daher für die Abschaffung des Neutralitätsgesetzes aus.” Auch die anderen, im Neutralitätsgesetz geregelten Bereiche werden überprüft werden müssen.” So könne man gegen Diskriminierung vorgehen: “Über das Kopftuchverbot werden in der Einwanderungsgesellschaft Menschen ausgegrenzt und rassistisch konnotierte Zuschreibungen verstärkt.”

Unternehmen für diverse Menschen gestalten

Nur in Ausnahmefällen ist ein Verbot von religiös motivierter Kleidung zulässig. Zum Beispiel, wenn sie Beschäftigte in der Nähe oder beim Einsatz von Maschinen gefährden. Oder wenn ein Unternehmen im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jegliche politischen, philosophischen oder religiösen Zeichen untersagt.
 
Gleichwohl setzen sich immer mehr Unternehmen dafür ein, bestehende Strukturen zu überprüfen, um sie für vielfältige Persönlichkeiten attraktiver und zugänglicher zu machen. Dabei berücksichtigen sie nicht nur die Belegschaft, sondern auch ihre Kund:innen. Dies geschieht im Rahmen des sogenannten Diversity Managements, das bereits in vielen Unternehmen umgesetzt wird. Vor allem mit dem Ziel, ein optimales Betriebsklima zu erreichen und damit den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zu maximieren.

Diskriminierungsfreier Umgang in KMUs

Für kleine und mittlere Unternehmen ist es jedoch schwieriger, geeignete Verfahren für einen diskriminierungsfreien Umgang am Arbeitsplatz zu finden, da sie weniger finanzielle Mittel für das Diversitätsmanagement zur Verfügung haben.
 
Die Teckentrup GmbH & Co. KG, ein Hersteller von Toren, Garagen- und Industrietoren mit Sitz in Verl, zeigt jedoch, wie es gehen kann – Diversity ist für sie ein unternehmerischer Ansatz. “Es geht darum, die Effektivität des Unternehmens zu steigern. Das kann man sehr schnell auch Unternehmern nahe bringen, denn es kostet eigentlich mehr, sich mit Diversity nicht auseinanderzusetzen, als das zu tun. Die Maßnahmen, die wir machen, sind nicht teuer, aber sehr effektiv”, erklärt Geschäftsführer Kai Teckentrup in einem Interview mit Stifterverband. Und bezeugt damit, dass man auch mit weniger finanziellen Mitteln Instrumente finden kann, die Vielfalt fördern. Damit sich nicht nur das Potenzial der Mitarbeiter voll entfaltet, sondern auch das des gesamten Unternehmens.

Internationale Konzerne setzen sich für Diversität ein

Große Unternehmen sind dagegen eher imstande, auf spezifischere Bedürfnisse einzugehen. Die Bereitschaft ist groß, in Anbetracht der Tatsache, dass sie mit globaler Kundschaft und Belegschaft arbeiten. Das Paradebeispiel hierfür ist Fraport, ein international ausgerichteter Konzern mit über 80.000 Beschäftigten aus verschiedenen Ländern, Nationalitäten und Kulturen.
 
Sie setzen ihre Diversity-Strategien auf verschiedenen Ebenen um: Am Frankfurter Flughafen gibt es mehrere Gebetsräume für (orthodoxe) Christ:innen, Muslim:innen und Jüd:innen, in denen Mitarbeitende und Gäste ihre Gebete verrichten können. Sie haben ein breites Angebot an religionsgemäßen Speisen. Bieten während des Ramadan Iftar an. Bringen zur Freitagspredigt einen Hodscha heran. Und veranstalten jährlich eine Feier für alle abrahamitischen Religionen.
 
“Diversity-Management ist eine notwendige Voraussetzung für eine zukunftsgerichtete Entwicklung des globalen Geschäfts und setzt in besonderer Weise auf die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter”, erklärt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. (antidiskriminierungsstelle/signals/futureorg)
Wofür steht signals.observer?

Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Entsprechend groß sind die Auswirkungen, die von den vielfältigen Veränderungen für ihn ausgehen. Das Magazin “signals.observer” erklärt diese Veränderungen, lässt Expert:innen zu Wort kommen und zeigt auf, wie andere Unternehmen dieselben Herausforderungen für sich lösen.

Dabei ist es uns wichtig, Entscheider:innen im Mittelstand eine Bühne zu bieten, auf der Ihre Anliegen, Belange und Interessen vermittelt werden.

Wir sind mittelstandsfreundlich. Innovationen machen uns neugierig. Und in Technologien sehen wir die Lösung.

Herausgeber ist das futureorg Institut – Forschung und Kommunikation für KMU mit Sitz in Dortmund/NRW.

"Wir erzählen Mittelstand"
Das Magazin für Entscheider:innen