Herrschaft des Volkes: Bürgerbeteiligung als Grundlage der Demokratie

“Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf”, meinte einst Johann Wolfgang von Goethe. Ob der Begriff “Demokratie” dem entspricht, was wir heute darunter verstehen, sei dahingestellt. Nicht neu, aber neu entflammt ist die Diskussion über “demokratische Unternehmen”.

Hat das Volk Interesse an “Herrschaft”?

“Herrschaft des Volkes” heißt der Begriff Demokratie, ursprünglich aus dem Griechischen. Und da sich die Bundesrepublik Deutschland als demokratischer und sozialer Bundesstaat bezeichnet, ist im Grundgesetz entsprechend festgelegt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Sie wird vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
 
Damit schaffen die Bürgerinnen und Bürger durch Wahlen, Abstimmungen und andere partizipative Verfahren das Fundament für einen funktionsfähigen Staat. Doch dieses Recht wird in letzter Zeit zunehmend vernachlässigt. Das abnehmende Interesse an direkter politischer Partizipation zeigt sich in der immer geringer werdenden Wahlbeteiligung. So sind die Zahlen von ehemals über 90 Prozent (in den 1970er Jahren) auf zuletzt 70 Prozent gesunken. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) verweist in diesem Zusammenhang auf eine Krise der repräsentativen Demokratie hin. Sie entspreche allerdings dem europäischen Trend.

Sich der demokratischen Kontrolle entziehen

Der Rückgang der Wahlbeteiligung soll unter anderem damit zusammenhängen, dass der Einfluss von Wahlen selbst schwindet. Der Grund dafür ist, dass der Einflussbereich politischer Entscheidungen, der durch Wahlen ausgeübt werden kann, tendenziell immer kleiner wird. Das erklärt die bpb. “Gründe dafür sind die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die supra- und transnationale Ebene, wo sie sich der demokratischen Kontrolle und Einflussnahme weitgehend entziehen, die Krise der öffentlichen Haushalte, die den Spielraum für Verteilungspolitik verringert, und die Verlagerung staatlicher Aufgaben auf private”, heißt es weiter.
 
Gleichzeitig ist die Bürgerbeteiligung ein wesentlicher Faktor, weswegen das Vertrauen der Bürger in den deutschen Staat verhältnismäßig hoch ist. So stimmten im Jahr 2020 75 Prozent der Eurobarometer-Aussage zu, dass eine stärkere Einbindung der Bürger in Entscheidungsprozesse ihre Bereitschaft zur Stimmabgabe bei der nächsten EU-Wahl erhöhen würde.

Beteiligungsmöglichkeiten im neuen Zeitalter

In einer Zeit, in der die Digitalisierung immer wertvoller wird, eignet sich diese Ebene auch für die politische Gestaltung. Sie könnte nämlich dazu beitragen, staatliches Handeln transparenter zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern ein neues Maß an politischer Beteiligung und Aufklärung zu ermöglichen. Die Vereinten Nationen definieren beispielsweise “E-Partizipation” als “den Prozess der Einbeziehung der Bürger in die Politik, die Entscheidungsfindung und die Gestaltung von Dienstleistungen mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, um diese partizipativ, inklusiv und konsultativ zu gestalten”.
 
Doch in Deutschland gibt es bisher nur wenige Möglichkeiten für E-Partizipation. Das Beteiligungsportal Baden-Württemberg erklärt, dass sich Bürger:innen “vor allem über die Wahl von Bundestagsabgeordneten und über Petitionen an der Bundespolitik beteiligen können.” Doch auch soziale Medien sind zu einer neuen Plattform des politischen Engagements geworden, in denen man seine Meinung frei teilen und diskutieren kann.

Das demokratische Unternehmen – neu aufgeflammt

Nich neu, jedoch erneut aufgeflammt, ist eine Debatte über das “demokratische Unternehmen”. In den 1960er und 1970er-Jahren wurde sie von Studierenden und Gewerkschaftlern eingefordert. Heute sind es die Inhaber:innen selbst, die den Wert der Demokratie in ihren Unternehmen verankern möchten. In ihrem Artikel für die Frankfurter Allgemeinen Zeitung sieht Nadine Bös diese Entwicklung kritisch. Falsche Erwartungen würden geweckt werden.
 
Prof. Dr. Lutz Frühbrodt, Professor für Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt, fragt: “Wenn denn unsere Gesellschaft demokratisch verfasst ist, warum ist es dann auch nicht unsere Wirtschaft?”. Er plädiert in seinem Magazin “Die Zweite Aufklärung”, dass Unternehmen mehr Demokratie wagen sollen. Der Bielefelder Organisationssoziologe Prof. Dr. Stefan Kühl erklärt in seinem Fachbeitrag “Wie demokratisch können Unternehmen sein?”, wie ihnen der Wandel in diese Richtung gelingen kann. (kuk-is/bpb/futureorg/signals)
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