Die Zukunft des deutschen Mittelstandes: Die 10 Punkte für eine mittelstandsorientierte Post-Corona-Agenda

Noch befindet sich Deutschland in der Corona-Krise. Dies hatte und hat für viele mittelständische Unternehmen massive ökonomische Konsequenzen. Dabei ist gerade der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Mit einem 10-Punkte-Plan möchte der BVMW die Debatte rund um seine Zukunftsfragen anregen.

Noch befindet sich Deutschland in der Corona-Krise. Dies hatte und hat für viele mittelständische Unternehmen massive ökonomische Konsequenzen. Dabei ist gerade der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Mit einem 10-Punkte-Plan möchte der BVMW die debatte rund um seine Zukunftsfragen anregen.
Weit über 90 Prozent der deutschen Unternehmen sind Mittelständler. Sie stehen für 60 Prozent aller Arbeitsplätze, 82 Prozent aller Ausbildungsplätze und sie sind gleichzeitig ein wesentlicher Innovationstreiber und damit substanziell für die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Wirtschaft. 
 
Mit einem 10-Punkte-Plan möchte der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, kurz BVMW, die Debatte rund um die ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Zukunftsfragen anregen. Die Corona-Krise hat bereits jetzt massive Bremsspuren und Verwerfungen im deutschen Mittelstand ausgelöst. Deshalb muss es jetzt darum gehen, durch ein gezieltes Aktionsprogramm für den deutschen Mittelstand die Konsequenzen der Krise für die mittelständischen Unternehmen abzufedern und ihnen Unterstützung und Perspektiven zu ermöglichen.

Die Zukunftsdebatte muss nun gestartet werden

Die Debatte darüber muss jetzt geführt und die Weichen müssen für die Zukunft gestellt werden. Denn viele Unternehmen wollen und brauchen Klarheit darüber, wie ihr Geschäftsmodell und ihre Zukunft aussehen kann.
 
Dafür brauchen wir kurzfristig, das heißt sofort wirkende Wiederaufbauhilfen als Anschubfinanzierung für die am schwersten betroffenen Branchen sowie eher mittelfristig wirkende Anreize für Konsumenten durch niedrigere Steuern und Abgaben. Hinzu kommen sollten für den Einzelhandel und weitere besonders betroffene Branchen absatzfördernde Maßnahmen, um eine schnelle Entspannung der Situation herbeizuführen.

Das Ziel: Nachhaltige undustrielle Produktion und Energieversorgung

Marlies Staudt, Leiterin der Wirtschaftsregion Südwestfalen und des Kreisverbands Hochsauerland des BVMW, ist der Auffassung, dass alle der zehn Punkte “immens wichtig für den Mittelstand” sind. Besonders betont sie aber die Wichtigkeit des siebten Punktes: “Nachdem wir in der Wirtschaftsregion Südwestfalen einen großen Anteil produzierender Unternehmen beheimaten, ist es wichtig, wettbewerbsfähige Energiepreise zu schaffen. Wir unterstützen das Ziel, eine nachhaltige industrielle Produktion und eine nachhaltige Energieversorgung zu realisieren.”
Marlies Staudt

Marlies Staudt

Leiterin der Wirtschaftsregion Südwestfalen des BVMW

So kann es für Marlies Staudt nicht sein, dass Deutschland die höchsten Energiepreise ganz Europas hat und der Wettbewerbsnachteil entsprechend groß ist. Staudt verlangt: “Die Stromsteuer muss auf das europäische Mindestniveau gesenkt werden. Auch sollten die Förderungsinstrumente anwendungsfreundlicher gestaltet werden, um hier einen größeren Anreiz zu schaffen.” (bvmw/futureorg/signals)

Der Zehn-Punkte-Plan des BVMW:

Die zehn Vorderungen des BVMW im Überblick

Das kommende Jahrzehnt wird zum tiefgreifendsten Strukturwandel der deutschen Wirtschaft seit der Wiedervereinigung führen. Treiber dieser Entwicklung werden die Digitalisierung, die Dekarbonisierung und der demographische Wandel sein. Zur Bewältigung der Transformationsnotwendigkeiten und Herausforderungen brauchen wir ein intelligentes Zusammenspiel von Staat und Unternehmen. Deshalb fordern wir die Einrichtung eines Transformationsfonds, der Unternehmen im Bereich der Dekarbonisierung und Digitalisierung sowie der Qualifizierung ihrer Beschäftigten unterstützt. Viele mittelständische Unternehmen sind in der Corona-Krise massiv in Liquiditätsprobleme geraten und mussten zur Existenzsicherung auf ihr Eigenkapital zurückgreifen und dieses zum Teil komplett aufzehren. Dies ist eine schwere Hypothek für die Zukunft dieser Unternehmen. Denn ohne Eigenkapital sind notwendige Modernisierungs- und Innovationsinvestitionen kaum noch möglich, und es erschwert, um nicht zu sagen es macht ihnen unmöglich, Kredite von Banken für solche Zukunftsinvestitionen zu erhalten. Vielen Mittelständlern droht eine Kreditklemme. Von daher ist es entscheidend, dass das Eigenkapital dieser mittelständischen Unternehmen durch gezielte staatliche Maßnahmen unterstützt wird, damit ihre Kreditwürdigkeit gesichert und ihre Modernisierungs- und Investitionskraft erhalten bleibt. Deshalb fordern wir die Einrichtung eines staatlichen Eigenkapitalfonds in angemessener Höhe, um die Existenz und die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu sichern. Dieser Fonds muss möglichst unternehmensfreundlich und bürokratiearm konzipiert werden. Dazu sollte der Sachverstand der mittelständischen Unternehmen von vornherein in die Planung und Strukturierung des Fonds einbezogen werden. Der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung einer nachhaltigen Eigenkapitalausstattung hat auch der Steuergesetzgeber Rechnung zu tragen. Der BVMW fordert daher, dass der steuerlichen Ungleichbehandlung von Fremdkapital und Eigenkapital durch die Einführung einer steuerlich absetzbaren fiktiven Eigenkapitalverzinsung ein Ende gesetzt wird. 

Steuern und Abgaben sind für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen entscheidende Stellgrößen. In Europa darf es zukünftig keinen Steuerdumpingwettbewerb mehr geben. Wir brauchen jetzt eine internationale Vereinbarung über Mindeststeuersätze für global agierende Unternehmen. Wir hoffen sehr, dass dazu im Juni die entsprechenden Entscheidungen getroffen werden. Es ist inakzeptabel und nicht vermittelbar, dass der Handwerksmeister einen höheren Steuersatz als global agierende Unternehmen in Deutschland bezahlt. Der erste Schritt zur Steuergerechtigkeit beginnt damit, dass solche Konzerne angemessene Steuersätze bezahlen und so ihren gesellschaftlichen Beitrag leisten.
 
Darüber hinaus ist es entscheidend, dass das Steuersystem innovations- und investitionsfreundlich ausgestaltet wird. Daher fordern wir, dass Verlustrückträge für die drei zurückliegenden Jahre ab der Veranlagung für das Jahr 2020 unbegrenzt möglich sind und bei entsprechenden Investitionen der Unternehmen mit Sofortabschreibungsmöglichkeiten verbunden werden. Investitionen sollten bei der Steuerlast berücksichtigt, d.h. auf diese angerechnet werden. Das wäre ein richtiger Beitrag, um die Investitionskraft, gerade von mittelständischen Unternehmen, zu stärken. Insgesamt braucht Deutschland international wettbewerbsfähige Unternehmenssteuern, dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen.
Der Sozialstaat war während der Pandemie ein zentrales Instrument, um die Krisenfolgen abzufedern. Seine Substanz muss auch zukünftig erhalten bleiben. Gleichzeitig darf aber die Abgabenlast Unternehmer und Beschäftigte nicht überfordern. Daher halten wir daran fest, dass der Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz auch künftig nicht über 40 Prozent steigen sollte. Notwendige finanzielle Maßnahmen zur Stabilisierung der Sozialversicherungssysteme müssen vorrangig steuerfinanziert werden. Die Rückzahlungsverpflichtung für die während der Corona-Krise aufgenommenen Kredite des Bundes ab 2023 sollte zeitlich befristet aufgehoben werden. Damit entstehen neue Spielräume für den Bundeshaushalt.
Regeln und Gesetze sind für die Funktionsfähigkeit einer sozialen Marktwirtschaft unverzichtbar. Allerdings hat die Bürokratie in den letzten Jahrzehnten immer weiter zugenommen. Dies belegt die Entwicklung des Erfüllungsaufwandes, des Zeitaufwands und der Kosten, die Bürger:innen, der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung durch die Befolgung gesetzlicher Vorgaben entstehen. Dies hat dazu geführt, dass notwendige Innovationen und Investitionen nicht oder mit enormen zeitlichen Verspätungen auf den Weg gebracht wurden, und die Kosten in den Unternehmen durch überbordende Bürokratie enorm gestiegen sind. Gerade die Pandemie hat gezeigt, dass die Überregulierung in vielen Bereichen Deutschlands kreative Lösungen, flexibles Agieren und innovatives Handeln blockiert hat. Dabei droht nicht nur ein Handlungsstillstand, sondern der Verlust vieler Arbeitsplätze. Wir brauchen schnellstens eine Trendwende.
Der BVMW fordert ein Regulierungsmoratorium für gerade verabschiedete oder in der Diskussion befindliche Gesetzgebungsvorhaben. Dies gilt z.B. für das Lieferkettengesetz, das so lange außer Kraft gesetzt werden sollte, bis entsprechende europäische Regelungen verabschiedet sind. Gleiches gilt auch für das Gesetz zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft.
 
Dieses Moratorium muss um ein wirkliches Bürokratieentlastungsgesetz erweitert werden. Die bisher vorliegenden 22 Einzelpunkte des Bürokratieentlastungsgesetz IV sind eine herbe Enttäuschung. Dringend erforderliche Entlastungsmaßnahmen für die Wirtschaft sind darin nicht vorgesehen. Die bisherigen Bürokratieentlastungsgesetze I bis III haben bislang nach Angaben der Bundesregierung zu einer Entlastung von mindestens zwei Milliarden Euro jährlich geführt, bei Gesamtbürokratiekosten von 50 Milliarden Euro (2018). Ziel eines neuen Bürokratieentlastungsgesetzes sollte eine Reduzierung der Bürokratiekosten um mindestens zehn Prozent sein. Ferner müssen für Ausnahmesituationen schnellere Bearbeitungen von Anträgen ohne langwierige Prüfungs- und Genehmigungsschritte ermöglicht werden.
Moderne Infrastrukturen sind der Schlüssel und die Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Die Abschreibung auf Infrastrukturen war in den letzten Jahren immer höher als die Neuinvestitionen. Der resultierende Substanzverlust hat mittlerweile eine kritische Größe erreicht, unter der die deutsche Wirtschaft zunehmend leidet. Dies gilt für Straßen, Schienen, Wasserwege, Radwege, Mobilfunknetze, Glasfaseranschlüsse, Stromübertragungsnetze etc. Die öffentlichen Investitionen – circa 50 Milliarden Euro im Bundeshaushalt, mit dem Schwerpunkt Infrastrukturen – müssen ausgebaut und der rechtliche Rahmen so angepasst werden, dass private Investitionen schneller und gezielter vorangetrieben werden. Um das Kompetenzwirrwarr bei der Digitalisierung zu beenden, muss ein Digitalministerium oder ein zentral koordinierendes Ministerium für die Digitalisierung eingerichtet werden.
 
Notwendig ist zudem ein Schwerpunktprogramm Digitalisierung für alle Gewerbegebiete in Deutschland. Bis Ende 2023 müssen alle Gewerbegebiete mit einer Glasfaserinfrastruktur versorgt sein. Der Mittelstand würde in hohem Maße vom Ausbau dieser Bereiche, unter Berücksichtigung von Modernität und Umwelt, profitieren. Gerade auch die bundesweit einheitliche Verfügbarkeit von Daten rund um alle Themen von Infrastruktur müssen stärker in den Fokus rücken. Dieser wesentliche Bestandteil im Digitalisierungsprozess wird durch behördliche und die föderale Kleinstaaterei massiv behindert. Der Bund muss hier weitaus bessere Grundlagen schaffen.

Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt in den nächsten Jahren massiv verändern. Die Flexibilitätsanforderungen an Unternehmen und die Beschäftigten werden in der Folge deutlich zunehmen. Was wir in der Pandemie als Boom des Home-Office erlebt haben, ist dabei nur ein kleiner erster Vorgeschmack. Notwendig sind neue Flexibilitätskonsense zwischen Unternehmen, Beschäftigten und Gewerkschaften. Wir brauchen ein atmendes Arbeitszeitregime, das sowohl Unternehmen wie Beschäftigten mehr Freiräume schafft, ohne eine der beiden Seiten zu überfordern. Jährliche Arbeitszeitkonten statt wöchentliche Höchstarbeitszeiten könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten und sollten daher vom Gesetzgeber gefördert werden.

Deutschland steht vor einer enormen demographischen Herausforderung. Die Rentner:innengeneration wächst, nachkommende Generationen werden quantitativ kleiner, das Erwerbspersonenpotenzial sinkt. Gleichzeitig erhöhen sich die Qualifikationsanforderungen in den Unternehmen. Qualifikationsanpassungen und Weiterbildungsnotwendigkeiten werden unabdingbar. Ziel müssen Qualitätssteigerungen und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten sein. Niemand der heute ausgebildet wird, wird zukünftig noch ohne Weiterbildung und Qualifizierung auskommen. Daher ist es erforderlich, alle Qualifizierungsreserven in Deutschland zu heben, die Zahl der Ausbildungsunternehmen zu erhöhen und Instrumente für eine arbeitsbegleitende Qualifizierung zu ermöglichen. Grundsätzlich ist dabei die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Ausbildungen anzuerkennen und entsprechend wertzuschätzen.
 
Der BVMW hält die Einführung einer Zweitausbildungsförderung für notwendig, um mit dem rasanten Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt Schritt zu halten.
 
Die Zahl der Selbstständigen ist rückläufig. Nach der Pandemie wird es hierzulande deutlich weniger Selbstständige geben. Es droht ein neuer Tiefstand seit Jahrzehnten. Deswegen ist es notwendig, Neugründungen in Deutschland massiv durch Entbürokratisierungsmaßnahmen zu unterstützen und finanziell zu fördern. Für die Finanzierung der Startphase einer Gründung sollte es deshalb ein Gründungs-BaföG geben.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben mit ihren Beschlüssen für die CO2-Reduktion in Europa die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Notwendigkeit der Dekarbonisierung und damit verbunden der Ausbau der Erneuerbaren Energien, wird in den Zwanzigerjahren und darüber hinaus massiv wachsen.
Der BVMW unterstützt das Ziel, eine nachhaltige industrielle Produktion und eine nachhaltige Energieversorgung zu realisieren. Dabei muss berücksichtigt werden, dass dies auch zu erheblichen Kosten auf Seiten der Unternehmen führen wird. Dadurch werden Unternehmen vor enorme Herausforderung für ihre Wettbewerbsfähigkeit gestellt.
 
Deutschland hat heute die höchsten Energiepreise in ganz Europa. Das ist inzwischen für viele Branchen eine erhebliche Bürde und ein Standortnachteil für bestehende Unternehmen, aber auch für Investitionen in Deutschland. Nur eine deutliche Reduzierung dieser Belastungen kann dazu beitragen, dass mittelständische Betriebe ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und ihr Innovationspotenzial voll ausschöpfen. Es ist notwendig, die regionale Wertschöpfung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu erhöhen, damit dort neue Arbeitsplätze entstehen können.
 
Der BVMW begrüßt das Ziel, die EEG-Umlage in Jahr 2025 abzuschaffen und die Kompensation einer steigenden EEG-Umlage durch Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt. Beides reicht aber nicht aus. Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestniveau gesenkt werden. Investitionen in eine höhere Energieeffizienz, insbesondere durch die Implementierung digitaler Lösungen, sowie die Eigenerzeugung von Strom durch Unternehmen sollten steuerlich angerechnet, gefördert und begünstigt werden. Zusätzlich sollten regulatorischen Voraussetzungen für die Direktversorgung von Unternehmen geschaffen und ausgebaut werden, damit mehr Unternehmen ihre Energie dezentral gewinnen und so die Strompreise nachhaltig gesenkt werden können.

Deutschland ist Weltmeister bei der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Genehmigung von Windrädern dauert heute 60 Monate, die Genehmigung von Infrastruktur- und Großprojekten verzögern sich durch immer neue gerichtliche Überprüfungen und Auseinandersetzungen und die Ausweitung von Klagerechten teilweise um Jahrzehnte. Wenn Deutschland wieder moderner, flexibler und wettbewerbsfähiger werden will, müssen die Planungs- und Genehmigungsverfahren drastisch verkürzt werden. Klagewege und Klagemöglichkeiten müssen reduziert, die öffentlichen Genehmigungsbehörden personell aufgestockt, private und öffentliche Planungskapazitäten erweitert und Standards angepasst werden. Der BVMW fordert ein Planungs- und Genehmigungsbeschleunigungsgesetz.

Die Schließung zahlreicher Betriebe während der Corona-Pandemie führte bei vielen Unternehmen zu Liquiditätsproblemen und Existenzsorgen. Um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu entschärfen, hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr damit begonnen, die Insolvenzantragspflicht auszusetzen und die Aussetzung dann stetig weiter verlängert, wenn auch mit immer neuen Voraussetzungen und Detailbestimmungen. Der deutliche Rückgang der eröffneten Unternehmensinsolvenzen während der Corona-Pandemie bildet keineswegs die tatsächliche wirtschaftliche Lage ab. Die staatlichen Hilfen haben durchaus einen Beitrag zur Stabilisierung geleistet. Es darf allerdings nicht zu einer Zombifizierung unserer Wirtschaft kommen, wirtschaftlich nicht überlebensfähige Unternehmen sollten nicht künstlich am Leben gehalten werden. Der BVMW fordert den Gesetzgeber auf, die Instrumente zur Stützung der von der Corona-Pandemie betroffenen Unternehmen nur soweit einzusetzen, wie dies für den einzelnen erforderlich ist und dabei die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die mittelständische Wirtschaft in ihrer Gesamtheit zu wahren. Der BVMW fordert den Gesetzgeber auf, Klarheit über die Insolvenzantragspflichten und insolvenzrechtliche Planungssicherheit zu schaffen.

Der einheitliche Binnenmarkt ist ein wichtiger Standortvorteil für die Unternehmen in Europa, insbesondere für KMU. Diesen einheitlichen europäischen Binnenmarkt weiterzuentwickeln und zu modernisieren, ist für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von entscheidender Bedeutung. Dazu brauchen wir faire und marktorientierte Wettbewerbs- und Beihilferegeln. Dafür ist eine Reform des europäischen Beihilfe- und Wettbewerbsrechts von entscheidender Bedeutung. Im Bereich des Wettbewerbsrechts müssen stärker globale Kriterien und Wettbewerber für europäische Unternehmen, z.B. bei Fusionen berücksichtigt werden. Im Beihilferecht müssen die Vergabekriterien entbürokratisiert, die Möglichkeit für hochskalierte Investitionen eröffnet und Kumulationsverbote angepasst werden. Nur so kann es gelingen, die Voraussetzungen für die digitale und klimafreundliche Transformation der europäischen Wirtschaft in den nächsten Jahren zu schaffen. Das Wettbewerbs- und Beihilferecht muss so angepasst werden, dass wettbewerbsfähige Unternehmen neu entstehen sowie bestehende erhalten und fit für die Zukunft gemacht werden, statt dies zu blockieren. 

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