- 10. November 2021
- Die Trendbeobachter
Krisenfest: Wenn Unternehmen Schockereignisse bewältigen
Unter dem Eindruck der Nuklearkatastrophe in Fukushima 2011 kündigte die Bundeskanzlerin Deutschlands Ausstieg aus der Atomkraftenergie an. Ein Ereignis, das an einigen Unternehmen nicht spurlos vorbeiging. So wie bei der Gesellschaft für Systemintegration (GIS) mbH. Ihre Geschichte zeigt, wie Mittelständler Schockereignisse bewältigen. Lehren für mehr Handlungsfähigkeit.
Schockstarre durch kognitive Dissonanz
„Tritt ein Schockereignis ein, dann verfallen die Betroffenen im wahrsten Sinne des Wortes in eine Schockstarre. Ein proaktives Handeln ist nicht möglich. Sie wissen weder vor noch zurück“, führt der ausgebildete Wirtschaftspsychologe aus. Resultat solcher Ereignisse sei oft eine kognitive Dissonanz. „Hat die Geschäftsführung bis dahin eine positive Geschäftsentwicklung erlebt, erwarteten sie verständlicherweise eine weiterhin positive Entwicklung. Der angekündigte Atomausstieg dürfte die Verantwortlichen kalt erwischt haben.“ In solchen Fällen sei das Resultat Handlungsunfähigkeit und ein Gefühl der Ohnmacht. Das plötzlich entstandene Problem lasse sich nicht kurzfristig mit den bekannten Mitteln und dem vorhandenen Wissen lösen.
Und die Gesellschaft für Systemintegration (GIS) mbH war tatsächlich eine Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen kannte praktisch nur eine Entwicklung: Wachstum. Das hatte mehrere Gründe. Eckardt Haffmann gründete 1984 zunächst mit der Essener Unternehmensberatung FRASER GfU das „Konsortium Dokumentation im Kernkraftwerk“, aus der später die Fraser * Haffmann Gesellschaft für integrierte Systemplanung wurde. Das einzige Produkt bildete eine Software für die Verwaltung der umfangreichen Dokumentationspflichten – speziell für Atomkraftwerke. Als ersten Kunden konnte das junge Unternehmen das Kernkraftwerk Lippe Ems in Lingen gewinnen. Schnell folgten weitere Betreiber von Atommeilern. Die Software wuchs zu einem internen Workflow-basierten Betriebsführungssystem für die Kraftwerke heran. Dieses komplexe System läuft – noch heute – mittlerweile in der vierten Software-Generation in allen deutschsprachigen Atomkraftwerken.
Schnelle Umstellung
Angesichts dessen muss der Ausstieg aus der Atomenergie für die Geschäftsführung tatsächlich eine kalte Dusche gewesen sein. Das Resultat eine kognitive Dissonanz. Wie aber gelang es der GIS, sich recht schnell umzustellen? „Klar, bei der Vorlaufzeit hätte die Geschäftsführung das tote Pferd so lange reiten können, wie es eben ging. Aber ein Aufgeben kam nicht infrage, zumal das Unternehmen über Liquidität, Hardware und Kompetenzen verfügte”, führt Panné an. Aber gab es in den oberen Etagen des Unternehmens keine Auseinandersetzung über den richtigen Weg?
Schock in der Gruppe leichter zu bewältigen
Vertrieb als Katalysator und Lerntreiber
Die aus der Vergangenheit gewohnte „Leichtfüßigkeit“ war nicht mehr gegeben. Das Unternehmen musste wieder lernen, sich in einem „nischigen“ Geschäftsfeld durchzusetzen. In diesem Lichte war der Vertrieb mehr als ein Katalysator, sondern zudem ein Lerntreiber. „Das Unternehmen hat sich von Projekt zu Projekt auf seine Kompetenzen fokussiert, und wurde von einem Vertriebserfolg zum nächsten immer effektiver“, führt Panné an. Vom Schock über den Wandel zur heutigen Marktpositionierung ist die GIS eine Erfolgsgeschichte.
Wurde der Schock erfolgreich bewältigt?
Von GIS zu Rodias, die weitere Reise
Im Jahr 2018 übernahm der Industrieservice-Dienstleister ROBUR die GIS. Im Jahr darauf folgte die Übernahme der EAM Software GmbH. ROBUR fusionierte die beiden Unternehmen am 1. September 2020 zur Rodias GmbH. Damit hat GIS ein neues Kapitel aufgeschlagen. Sozusagen ein Meilenstein auf dem Weg, die Folgen des Atomausstiegs zu bewältigen. André Panné wurde im Mai 2020 berufen, die Geschäftsführung von Rodias zu übernehmen. Mit seiner Führung sind zwei Erwartungen verbunden.
RODIAS ist aus der Fusion der Unternehmen Gesellschaft für Systemintegration (GIS) mbH und EAM Software GmbHhervorgegangen, die zuvor von ROBUR übernommen wurden. Das mittelständische IT-Dienstleistungsunternehmen RODIAS ist auf Systeme für die Instandhaltung komplexer technischer Anlagen und Gebäude spezialisiert. Es bietet Industrie 4.0 Lösungen auf Basis aktueller Software-Technologien. Neben kundenspezifischen Implementierungen der marktführenden Produkte IBM Maximo und Infor EAM entwickelt es eigene Lösungen rund um die Kernthema Enterprise Asset Management.
Mehr Infos: www.rodias.de