Kriseneinbruch 2022? Geschäftserwartungen scheitern

Die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen brechen massiv ein. Dies zeigt eine Umfrage des DIHK – noch einen starken Einbruch im Vergleich zum Jahresbeginn. Die größten Sorgen: Energie und Rohstoffen – und der Trend geht weiter.

Die Geschäftserwartungen in der deutschen Wirtschaft haben sich massiv verschlechtert. Das ergibt eine erste Auswertung der bundesweiten IHK-Konjunkturumfrage Frühsommer unter mehr als 25.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen, deren Gesamtergebnisse der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin vorgestellt hat. Der Erstauswertung zufolge rechnet ein Drittel der Betriebe in den nächsten zwölf Monaten mit schlechteren Geschäften, nur noch 19 Prozent erwarten eine Besserung.
 
„Das ist nochmals ein starker Einbruch im Vergleich zum Jahresbeginn, als sich für viele bereits ein sehr schwieriges Jahr abgezeichnet hat“, so DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. „Selbst, wenn der Krieg Russlands in der Ukraine hoffentlich bald enden würde, sorgen Lieferkettenprobleme und die hohen Energie- und Rohstoffpreise dafür, dass wir für dieses Jahr maximal ein bis 1,5 Prozent Wachstum erhoffen. Dieses magere Ergebnis können wir nur erreichen, weil wir aus dem Vorjahr noch einiges an konjunktureller Erholung mitnehmen und es aktuell Gastronomie und Tourismus wieder bessergeht.“
 

Energie und Rohstoffpreise besorgniserregend

 
Besonders dramatisch haben sich die Geschäftserwartungen am Bau und in der Industrie verschlechtert. Am Bau erwarten 44 Prozent der Betriebe schlechtere und nur sieben Prozent bessere Geschäfte. Auch in der Industrie liege das Verhältnis zwischen Pessimisten (37 Prozent) und Optimisten (14 Prozent) bezogen auf die eigenen Geschäftserwartungen schlechter als im Durchschnitt. „Einen solchen Stimmungseinbruch haben wir in der Industrie bislang nur während der Finanzkrise und beim ersten Lockdown 2020 erlebt“, so Wansleben. Bedenklich sei zudem, dass viele Unternehmen angesichts der trüben Geschäftsaussichten ihre Investitionspläne wieder deutlich reduzieren und besonders bei Produktinnovationen sparen müssen.
 
Selbst die Personalpläne fielen verhaltener aus. Industrie und Bau seien besonders heftig von den stark gestiegenen Preisen für Energie und Rohstoffen betroffen. Aber auch in der Gesamtwirtschaft erreiche dieses Geschäftsrisiko ein historisch negatives Niveau. „Wir sehen hier nochmal höhere Werte als zu Jahresbeginn, als wir bereits bis dahin nicht bekannte Risikowerte ermittelt hatten“, sagt Wansleben. Quer über alle Branchen und Regionen hinweg beschreiben aktuell 78 Prozent der Betriebe die Energie- und Rohstoffpreise als eines ihrer größten Geschäftsrisiken. In der Industrie sind es sogar 93 Prozent und am Bau 91 Prozent.
 

Kriseneinbruch bestätigt Trend

 
Branchen, die besonders unter galoppierenden Energiepreisen oder zunehmenden Lieferkettenproblemen leiden, melden vermehrt finanzielle Schwierigkeiten. Während in der Hochphase der Pandemie eher Einzelhändler oder Touristikbetriebe mit finanziellen Schieflagen zu kämpfen hatten, treffe es jetzt mehr und mehr Industrieunternehmen und Logistiker. „Wir müssen aufpassen, dass hier nicht etwas ins Rutschen gerät und wir Kernbranchen verlieren“, so Wansleben. Beim Straßengüterverkehr habe die Zahl der Betriebe mit Finanzproblemen im Vergleich zu Jahresbeginn um zehn Prozentpunkte auf 52 Prozent zugenommen.
 
In der chemischen Industrie seien es 29 Prozent (plus fünf Prozentpunkte), in der Gummi- und Kunststoffindustrie 36 Prozent (plus sieben Prozentpunkte) und in der Metallerzeugung und -bearbeitung seien es 41 Prozent (plus sechs Prozentpunkte). Der aktuelle Kriseneinbruch ist keine Neuigkeit – sondern er bestätigt einen Trend: „Corona-Lockdowns, anhaltende Turbulenzen bei Lieferketten und nun Kriegsfolgen: Viele Betriebe erleben bereits den dritten Kriseneinbruch hintereinander“, so Wansleben. In den Hochwasserregionen sei es sogar schon der vierte Schock in nicht einmal drei Jahren. (bme/futureorg/signals)
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