AiF InnovatorsNet: Das deutsche Wirtschaftswunder weiterdenken

Paula Erlichman und Jan-Frederik Kremer sind zwei Initiator:innen, die es sich zum Ziel gemacht haben, Innovationen im deutschen Mittelstand zu ermöglichen. Und zwar anders als bisher. Ein Porträt über den Wandel eines Innovations-Club zum AiF InnovatorsNet.

Paula Erlichman und Jan-Frederik Kremer sind zwei Initiator:innen, die es sich zum Ziel gemacht haben, Innovationen im deutschen Mittelstand zu ermöglichen. Und zwar anders als bisher. Ein Porträt über den Wandel eines Innovations-Club zum AiF InnovatorsNet.
„Obwohl die Idee hervorragend war, gefiel uns der exklusive Charakter des Innovations-Clubs nicht”, erinnert sich Paula Erlichman. “Wir haben in der Exklusivität sogar ein Hemmnis gesehen, das den Club vom verdienten Erfolg abgehalten hat“, kann sie heute berichten. Sie ist nämlich von Anfang an dabei. Bereits beim Vorgänger des AiF InnovatorsNet verantwortete sie die Öffentlichkeitsarbeit bei der AiF FTK. Letztere ist die Tochterfirma der „Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen“. Der Mittelstand kennt diese industriegetragene Interessengemeinschaft besser unter der Abkürzung AiF.
 
Dort ist sie eine feste Institution – und eine wertgeschätzte Instanz. Eine Institution ist sie, weil sie seit 1954 als Dachverband 100 Forschungsvereinigungen vertritt. Wertgeschätzt wird sie, weil sie seit den Anfängen des deutschen Wirtschaftswunders einen wesentlichen Beitrag für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland leistet.

Den Wunsch gab es schon lange

Zeiten verändern sich. Damit auch die Anforderungen an den Auftrag der AiF FTK. „In der AiF FTK gab es schon lange den Wunsch nach einem Austausch zwischen Unternehmen und der Forschungslandschaft“, erzählt Paula Erlichman. „Aus diesem Wunsch heraus entstand zunächst die Idee eines Innovations-Clubs, der stark auf persönlichen Kontakten basierte. Der Club hatte wenige ausgewählte Mitglieder, die sich mehrmals jährlich trafen.“ Diese Form stellte jedoch nicht alle zufrieden. “Trotz der guten Erfahrungen”, macht Erlichman deutlich. „Denn wir waren überzeugt, dass wir die Grundidee mehr beflügeln und auch mehr Menschen gewinnen können.”

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Paula Erlichman

Paula Erlichman arbeitet seit 2012 am AiF FTK zunächst in der Öffentlichkeitsarbeit. Heute ist sie als Chief Operating Officer tätig. Die studierte Ethnologin und Historikerin ist zugleich Mitgründerin des AiF InnovatorsNet.

Mit „wir“ meint sie Jan-Frederik Kremer, der 2019 zum Geschäftsführer der AiF-Tochter AiF Forschung – Technik – Kommunikation GmbH (AiF FTK) berufen wurde. Erlichman und Kremer gehören zu den Gründer:innen von AiF InnovatorsNet. Auch sonst ist das Team zum Vergleich der Hauptamtlichen bei der Muttergesellschaft deutlich jünger. Sophie Schindlbeck ist für den Mitglieder-Service zuständig, Philipp Schnee für die Kommunikation, Almut Miebach für das Ressort Forschungslandschaft und Christina Koopmann Schuch ist die Ansprechpartnerin für die Unternehmen.

Wenn der Wertewandel eintritt

„Aus unserer Sicht war der Gedanke richtig, aber die Umsetzung mit dem Fokus auf Exklusivität entsprach nicht ganz unseren Ideen“, betont Paula Erlichman mit festem Blick. Also suchte das junge Gründerteam das Gespräch mit den bestehenden Mitgliedern des Innovations-Clubs. Es folgte eine Bedarfsanalyse. Herausgekommen ist ein weit geöffnetes Netzwerk mit klaren Idealen und Leitlinien mit einem digitalen Zugang für alle Mitglieder. „Das AiF InnovatorsNet verfolgt eine egalitäre Einstellung“, erklärt Erlichman. Damit meint sie, „dass alle Ressourcen des Netzwerks auch für alle zugänglich sein müssen.“
 
Sind diese Jungen eher aufmüpfig, rebellisch oder gar revolutionär? Man muss diese Entwicklung bei der AiF nicht auf schrille Weise darstellen. Es scheint aber, dass ein Wertewandel eingetreten ist. Einer, den man woanders ebenso beobachten kann, seit Angehörige der Generation Y und Z Verantwortungspositionen in Unternehmen einnehmen. Das junge Gründerteam freut, dass in der Muttergesellschaft diese Entwicklung auf Zuspruch stößt. „Aber nicht nur dort“, sagt Erlichman mit einem Lächeln.

Neue Denk- und Handlungsansätze

Inga Bauer, Mitglied des AiF InnovatorsNet und die Geschäftsführerin der Bauer & Böcker GmbH & Co. KG schätzt am Netzwerk besonders den „offenen Austausch mit etablierten Unternehmern und Start-ups“. In der kurzen Dauer habe sie als Unternehmerin „neue Denk- und Handlungsansätze“ für sich mitgenommen.
 
Auch in der Tech-Szene ist das Netzwerk beliebt. Jan Knieriemen, COO & Managing Director bei der ZREALITY GmbH, erfahre durch das Netzwerk einen enormen Mehrwert. „Durch das hervorragende Netzwerk aus etablierten Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen ergeben sich für alle Beteiligten immer wieder tolle Chancen und Möglichkeiten, Teil von neuartigen und hochinnovativen Projekten und Ideen zu sein. Aus unserer Sicht ein Erfolg versprechendes Ökosystem“, beschreibt Knieriemen seine bisherige Erfahrung.

Ressourcen zu Innovationen verknüpfen

Stellt sich nur noch die Frage, was AiF InnovatorsNet tatsächlich leistet. Für die Zufriedenheit muss es schließlich gute Gründe geben. „Allen voran muss klar sein, dass nicht wir, die Hauptamtlichen, das Netzwerk ausmachen. Wir sind nur die Koordinator:innen, die mit offenen Ohren, Augen und Herzen die Belange und Bedarfe in den vielfältigen Innovationsvorhaben unserer Mitglieder erkennen und hierfür Lösungen anbieten möchten. Idealerweise aus dem Netzwerk heraus.“ Das jedoch ist die eine Seite im Leistungsversprechen von AiF InnovatorsNet.
 
Denn Innovationszyklen haben sich extrem verkürzt. Ebenso die Zeit von der Idee bis zur Herstellung marktreifer Produkte. Neue Wettbewerber treten in historisch gewachsenen Märkten auf, die sie zum Teil auf den Kopf stellen. Paula Erlichman vergleicht das AiF InnovatorsNet daher mit einem UFO, das die Welt der Innovationen umkreist und immer einen Blick auf neue Entwicklungen, aber auch Schwierigkeiten hat. „Unser Ziel ist es, Anforderungen aus dem schnelllebigen Wandel frühzeitig zu erkennen, die erforderlichen Inputs und Hilfeleistungen zu formulieren, um sodann die Ressourcen für einen Innovationsschub zu verknüpfen. Anstatt dass jedes mittelständische Unternehmen einsam auf seiner Insel auf Hilfe wartet, führen wir sie zusammen.“

Der Mittelstand schultert große Last

Christian Wewezow findet das klasse. Er ist nicht nur geschäftsführender Gesellschafter der Startify GmbH, sondern auch Kuratoriumsvorsitzender der Oskar-Patzelt-Stiftung. Eine Stiftung, die jedes Jahr innovative Unternehmen mit dem „Großen Preis des Mittelstands“ auszeichnet. Was ihn besonders macht, ist allerdings, dass er die Lücke in der Schnittstelle zwischen Mittelstand und Start-ups füllt. Dort, wo häufig Innovation stattfindet. „Die besten Innovationen werden an der Schnittstelle zu verschiedenen Disziplinen entwickelt. Unternehmen sollten offen sein, über den eigenen Teller hinauszuschauen“, führt Wewezow mit Blick auf AiF InnovatorsNet aus.
 
Auf dem Gebiet der Innovationsförderung gibt es für ihn drei große Hürden, besonders im Bereich der Industrie. „Ganz klar müssen an erster Stelle die hohen Innovationskosten angeführt werden. Hier trägt der deutsche Mittelstand eine große Last auf den Schultern. Denn mit den Innovationsvorhaben ist, zweitens, oft ein ungewisser Ausgang verbunden“, betont Wewezow. Damit werde für Unternehmen schwer gemacht, eine vorausschaubare Kosten-Nutzen-Kalkulation zu erstellen. Aufgrund dessen schrecken manche Unternehmen vor Investitionen zurück. Und drittens?
 
„Ja, die Markteinführung. Wenn Innovationen endlich auf den Markt gebracht werden, müssen sie umfassend beworben werden. Die Kosten für das Marketing und den Vertrieb werden völlig unterschätzt“, betont Wewezow. Dabei werden beides dringend nötig. Denn durch Marketing und Vertrieb können innovierende Unternehmen, ihre Investitionen wieder einspielen, ihre Wertschöpfung erweitern und in neue Innovationen reinvestieren.

Deutsches Wirtschaftswunder im 21. Jahrhundert

Das Netzwerk-Konzept von AiF InnovatorsNet berührt alle diese drei Hürden. Vor diesem Hintergrund kommt die Initiative der jungen Innovator:innen um Paula Erlichman und Jan-Frederik Kremer zur rechten Zeit. Mag sein, dass das deutsche Wirtschaftswunder der Vergangenheit angehört, aber wieso sollte es nicht weitergedacht und in ein neues Zeitalter getragen werden? Das AiF InnovatorsNet ist daher nicht bloß ein Hoffnungsträger und Mutmacher. Es ist viel mehr: Es ist eines der vielen Saatkörner, die das deutsche Wirtschaftswunder ins 21. Jahrhundert tragen können. (futureorg/signals)
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