Klimapfade 2.0: Das Wirtschaftsprogramm für Klimaneutralität

Um die Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen, sind Mehrinvestitionen in Billionenhöhe erforderlich, so die Studie „Klimapfade 2.0“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Es ist aber zentral, sich an ein klimaneutrales Wirtschaftsprogramm zu halten – durch diese Maßnahmen ist das möglich.

Um die Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen, sind Mehrinvestitionen in Billionenhöhe erforderlich, so die Studie „Klimapfade 2.0“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG). Es ist aber zentral, sich an ein klimaneutrales Wirtschaftsprogramm zu halten – durch diese Maßnahmen ist das möglich.
Die Jahre bis 2045 sind entscheidend, um Klimaneutral zu werden. „Wenn wir bis Mitte des 21. Jahrhunderts bei der Dekarbonisierung vorankommen wollen, müssen wir jetzt entscheidende Weichen stellen“, beteuert Jochen Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. Analysen von BCG zeigen: Für die kommende Bundesregierung heißt es, umzusteuern und schnell Impulse für Investitionen zu setzen – insbesondere für einen Aus- und Neubau von Strom-, Wasserstoff- und Ladeinfrastrukturen, für die Erzeugung erneuerbaren Stromes und Wärme, für Elektromobilität und Schienennetze.
 
Die Studie der BDI und BCG präsentiert eine Machbarkeitsstudie, wie sich in Deutschland in den vier Sektoren Industrie, Verkehr, Gebäude und Energiewirtschaft die Klimaschutzziele erreichen lassen. Dazu zählen eine Reduktion der Treibhausgase um minus 65 Prozent bis 2030 und Treibhausgasneutralität im Jahr 2045. „Das Ziel Treibhausgasneutralität bis 2045 ist extrem ambitioniert. Die Umsetzung der benötigten Klimaschutzmaßnahmen erfordert allein bis 2030 Mehrinvestitionen von etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr“, sagt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Dabei stehen straffere Planungs- und Genehmigungsverfahren im Vordergrund.

Klimaschutz für die Modernisierung der Wirtschaft

Bei richtiger Umsetzung bietet das Wirtschaftsprogramm eine Chance für die Modernisierung des Landes. „Eine erfolgreich umgesetzte Klimawende ist eine historische Chance zur Erneuerung unserer Volkswirtschaft, Infrastruktur und industriellen Basis – und somit die Grundlage für unseren Wohlstand im 21. Jahrhundert“, so Patrick Herhold, verantwortlicher BCG-Partner und Co-Autor der Studie. Dazu braucht Deutschland einen breiten Instrumentenmix mit übergreifenden und sektorspezifischen Maßnahmen.
 
Unter anderem wird Digitalisierung oft als Motor für mehr Energieeffizienz betrachtet: Dadurch können beispielsweise neue Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse entwickelt werden, die den Energiekonsum der Unternehmen senken. Neue digitale Rahmenbedingungen für den Produktionsprozess sollen also den Klimaschutz fördern. Umfassende Elektrifizierung und Digitalisierung in verschiedenen Bereichen können zur Erreichung der nationalen Klimaziele beitragen.

Investitionen für Klimaneutralität nötig

Energieintensive Unternehmen müssen mittelfristig höhere Betriebskosten für CO2-arme Produktionsverfahren und CO2-freie Energieträger finanzieren. Zugleich wird im Jahr 2030 der Strombedarf in der Industrie durch die Elektrifizierung industrieller Wärmeprozesse um 63 Terawattstunden steigen. Die Bedienung einer um mehr als 40 Prozent höheren Stromnachfrage 2030 bedarf einer Verdoppelung des EEG-Ausbaupfades von Wind und Photovoltaik, einer Ausbauoffensive der Stromnetze sowie einer Flexibilisierung des Verbrauchs. Zusammen mit der Dekarbonisierung der Fernwärme erfordern die Maßnahmen für den Energiesektor insgesamt Investitionen von 415 Milliarden Euro bis 2030.
 
Durch die umfassende Elektrifizierung von Straßenverkehr, Gebäuden und Industriewärme wird Deutschland seine Energieabhängigkeit vom Ausland reduzieren. Trotzdem werden bis 2045 für schwer dekarbonisierbare Anwendungen wie in Stahl, Chemie und Flugverkehr Importe von ungefähr 433 Terawattstunden grünen Wasserstoffs und strombasierter Kraftstoffe benötigt – in Euro ungefähr die Hälfte des Wertes heutiger fossiler Importe. Um bereits im Jahr 2030 etwa 50 Terawattstunden strombasierte Kraft- und -Brennstoffe zu importieren und nach 2030 die Anbindung Deutschlands an ein internationales Wasserstoffnetz zu realisieren, gilt es bereits in dieser Dekade, neue globale Energiepartnerschaften zu schließen.

Klimaziele im Gebäudesektor

Für den Gebäudesektor gilt zur Erreichung der Klimaschutzziele eine Minderung der CO2-Emissionen um 46 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2019. Hierfür sind Maßnahmen nötig, die eine jährliche Förderung von bis zu 17 Milliarden Euro bis 2030 erfordern. Dies bedeutet mehr als eine Verdoppelung der heute im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gewährten jährlichen Fördersumme. Die riesigen Investitionen stellen eine Herausforderung für die Politik dar: „Es ist schon bemerkenswert, dass Regierungen zugestimmt haben, obwohl sie durch die Dekarbonisierung Milliarden bis Billionen an Dollar verlieren werden, weil ihr Vermögen entwertet wird“, so Jochen Marotzke. „Kein Staat möchte gerne als jemand am Pranger stehen, der Zusagen nicht eingehalten hat.“(bcg/mpg/futureorg/signals)
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